Dicht gedrängt steht eine ganze Schulklasse um Großmeister Sebastian Siebrecht (51). Die Kinder der Lindenhofschule Halver wollen nämlich aufs Schachbrett gucken, an dem der Experte am Dienstagmorgen, 25. März, zeigt, welche Figuren sich wie bewegen dürfen. Sophia (7) von der Klasse „Tigerauge“ weiß: „Der Bauer darf immer nur geradeaus gehen. Aber er darf so schräg schlagen.“ Großmeister Siebrecht nickt anerkennend: „Stimmt.“ Sophia verrät: „Ich weiß das, weil: Mein Papa spielt manchmal mit mir Schach.“
Einige ihrer Klassenkameraden kennen sich ebenso gut aus. Sie hören Sebastian Siebrecht dennoch interessiert zu. Denn er verpackt die Theorie kindgerecht. Er vergleicht die Aufstellung der Figuren mit einer Burg. Zwar sei der König die wichtigste Figur, „aber die Dame ist die stärkste Person – im Schach wie im Leben.“ Siebrecht benutzt eine bildhafte Sprache: „Die Dame bewegt sich mit ihrem Laser-Schwert in jede Richtung – dschiuuu, dschiuuu.“ So prägen sich auch Anfänger komplizierte Schachzüge ein.
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Nach kurzer Einführung spielen die Grundschüler in zwei Teams: Schwarz gegen Weiß, alle Kinder auf der linken Tischseite gegen die Mitschüler auf der rechten Seite. Sie spielen zunächst mit den 16 Bauern. Siebrecht nennt sie „die Seele des Spiels“. Die Kinder beraten jeden Spielzug. Der Verlust der Figuren wird hingenommen, Jubel und Gejammer bleiben aus. Was Pädagogen Frustrationstoleranz nennen, ist für Sebastian Siebrecht eine wichtige Kompetenz. „Grundschüler sind im besten Alter, Schach zu lernen. Es fördert Konzentration, vorausschauendes Denken und die Persönlichkeit. Es ist kein digitales Spiel, sondern sehr haptisch und interaktiv, denn die Kinder spielen mit jemandem.“
Sophia spielt mit ihrer Freundin Mila (8). Die Bauern ziehen gegeneinander los. Schnell werden die Linien dünner. Die Freundinnen verraten ihre Strategie: „Erstmal viele Figuren wegnehmen. Dann ist der Weg frei und man kann angreifen.“
Auf Kinderschach konzentriert sich Sebastian Siebrecht seit 15 Jahren. Angefangen hat er in Einkaufszentren, „um eine möglichst breite Öffentlichkeit zu erreichen“. Seit die Corona-Epidemie vorbei ist, arbeitet er vor allem mit Schulen zusammen, um Nachwuchs für Schach zu begeistern. Monika Lauterbach ist Schulleiterin der Lindenhof Schule, von der rund 120 Schüler klassenweise vom Großmeister Schach lernen. Sie äußert sich zufrieden: „Wir sind glücklich, dass er zu uns kommt. Und er hat eine ehemalige Schülerin mitgebracht – Rebecca Browning.“
Die 23-Jährige spielt Schach im Verein Märkische Springer in Halver-Schalksmühle. Sie und ihre Freundin Eva Rudolph (21) helfen Sebastian Siebert dabei, Kinder für Schach zu begeistern. An der Lindenhof Schule macht Browning das besonders gern: „Ich bin selbst hier zur Grundschule gegangen. Frau Lauterbach war eine meiner Lehrerinnen.“ Sie selbst studiert mittlerweile Lehramt für die Grundschule.
Am Ende des rund 45-minütigen Schach-Kurses sagen alle Kinder, dass Schach ihnen Spaß macht. Und welche Figur gefällt ihnen am besten? „Natürlich, die Dame“, sind sich alle einig.