Im Juni 2016 brechen drei Mädchen, 12 und 13 Jahre alt, aus der Psychiatrie in Lüdenscheid aus. Sie kommen bei einem Bekannten im Keller unter. Am 28. Juni schauen ein paar Freunde vorbei, trinken mit den Mädchen. Mutmaßlich keiner weiß das wahre Alter der Ausreißerinnen. Ein damals 18-Jähriger findet Gefallen an einem der Mädchen. Er geht mit ihr in einen Nebenraum. Dort soll er die Zwölfjährige vergewaltigt haben. Das zumindest behauptet die Teenagerin 2019.
Es ergeht Anzeige wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und Vergewaltigung. Bis es zum Prozess im Schöffengericht im Amtsgericht Lüdenscheid kommt, vergehen noch einmal ein paar Jahre. Der Grund dafür wird im Verfahren nicht erörtert.
Der 18-Jährige von damals ist inzwischen 26 und wehrt sich vehement gegen die Vorwürfe. Er räumt ein, sich dem Mädchen sexuell genähert zu haben. Aber den von der Frau behaupteten Geschlechtsverkehr habe es nicht gegeben. Vielmehr sei es beim gegenseitigen „Fummeln“ geblieben. Und: „Ich wusste gar nichts von ihr. Ich habe nicht nach dem Alter gefragt. Das war eine dumme Sache damals.“
Eine psychologische Gutachterin äußert sich zur Glaubhaftigkeit des einstigen Mädchens. Ihr sollte durch das Vortragen der Expertenmeinung eine Aussage vor Gericht erspart bleiben. Die Psychologin kommt zu dem Schluss, dass nicht auszuschließen sei, dass die Aussage der heutigen Frau gegenüber der Polizei nicht auf einem wahren Geschehen basierte. Der Aussage fehlte es an Details und Konstanten. Im Laufe der Zeit hätte es mehrere Aussagen der Frau gegeben, die immer mehr voneinander abgewichen seien.
Am Ende spricht das Schöffengericht den Angeklagten frei. Das Gericht gehe nicht von Geschlechtsverkehr aus, so der Richter. Damit läge keine Vergewaltigung vor. Das „Fummeln“ wäre nur strafbar, wenn der Lüdenscheider gewusst hätte, dass das Mädchen damals erst zwölf war. Aber auch das nimmt das Gericht nicht an. Der 26-Jährige habe glaubhaft dargelegt, das Alter nicht gekannt zu haben. Die Mädchen hätten viel älter ausgesehen und gewirkt, erklärt der Angeklagte. Das hatte auch ein Polizist bestätigt. In ihrer Aussage hatte das Mädchen zudem eingeräumt, sich älter gegeben zu haben.