Hier wird Solidarität großgeschrieben. Im Rahmen der Thementage der Aktionsgruppe 8. März trafen sich am 6. Juni Interessierte und solidarische Menschen im Friedas. Die Aktionsgruppe 8. März Lüdenscheid lud für die Veranstaltung zwei Mitarbeiterinnen des Frauenhauses Iserlohn ein, um über die Einrichtung zu sprechen. Die Awo wurde als Träger von der Bereichsleiterin Nicole Neises-Weiler vor Ort vertreten. Auch die Leitung des Frauenhauses (Name aus Sicherheitsgründen nicht angegeben) berichtete von der Wohnsituation, dem alltäglichen Geschehen und den Schwierigkeiten in Sachen Finanzierung.
Das Frauenhaus bietet Plätze für Frauen, die von körperlicher, struktureller, psychischer oder sexueller Gewalt betroffen sind. Insgesamt können acht Frauen und 12 Kinder aufgenommen werden, auch wenn es meistens mehr Kinder sind, so Neises-Weiler. In den apartmentähnlichen Räumen teilt sich jeweils eine Frau mit ihren Kindern ein Zimmer. Das Haus hat außerdem zwei Gemeinschaftsküchen und zwei Gemeinschaftsbäder. Es gibt auch ein Wohnzimmer und nach Mithilfe des Fördervereins nun auch einen Kinder- und Jugendbereich, sodass sich auch die Kinder zurückziehen und unter sich sein können. Die Wohnsituation und das Raumkonzept seien nicht mehr zeitgemäß, was auch Grund für die mangelnde Privatsphäre sei, so Neises-Weiler. Oft komme es zu Auseinandersetzungen und Problemen zwischen den Familien. Ein Neuanfang in einem neuen Gebäude könne viele dieser Probleme lösen.
Dafür habe man sich mit einem privaten Investor zusammen getan, der das Haus baut und dann an die Awo vermietet. In der neuen Einrichtung könnten dann 14 Frauen und 16 Kinder Platz finden. Auch Barrierefreiheit und die Berücksichtigung queerer Menschen könne dann mehr Raum einnehmen. Ende Juni soll in einer Konferenz mit dem Investor über das Baufeld und die Organisation des Neubaus gesprochen werden. Bisher muss das Frauenhaus für jeden weiteren Raum dessen Nutzen nachweisen, um staatliche Finanzierung zu erhalten.

Das Thema Kosten und Finanzierung war auch Teil des Abends. Solange eine Frau nicht von staatlichen Geldern lebt, muss sie die Kosten der Unterkunft im Frauenhaus für sich und ihre Kinder selbst übernehmen. Aufgrund der mangelnden Plätze in ganz Deutschland reisen Frauen aus der ganzen Bundesrepublik nach Iserlohn an. Auch diese Kosten müssen sie selbst tragen. Die Leitung des Hauses gab an, dass die Unterbringung einer Person pro Tag bei 37,88 Euro liege.
Viele Frauen bräuchten nach ihrem Aufenthalt Monate, um die Rechnung zu begleichen. Es sei nicht zumutbar, betroffenen Frauen die Kosten für ihre Hilfeleistungen zu überlassen, so Neises-Weiler. Die Regularien für die Aufnahme wurden in einem Kooperationsvertrag mit dem Märkischen Kreis festgelegt. Die Leitung des Frauenhauses berichtete, dass sie sehr oft Menschen abweisen müsse, deren Situation nicht den Kriterien entspreche. Zum Beispiel müssen sich wohnungslose Frauen immer zuerst an eine Obdachlosenunterkunft wenden.

Der Antrag auf eine weitere Stelle für eine Erzieherin in der Einrichtung wurde vom Märkischen Kreis abgelehnt. Bisher kümmert sich eine Erzieherin um die Betreuung der Kinder. Für die oft traumatisierten Frauen stehen zwei Beraterinnen zur Verfügung. Diese begleiten die Frauen in Form von psychosozialer Beratung, Krisenintervention, Terminen beim Jobcenter oder für Aussagen bei der Polizei. Die Arbeit gehe auch an den Mitarbeiterinnen nicht spurlos vorbei, sie leiden unter den psychischen Belastungen der täglichen Arbeit. In einem Sonderfall war eine Mitarbeiterin sogar von Stalking durch den Partner einer im Frauenhaus wohnenden Frau betroffen. Um mit diesen Erlebnissen umzugehen, biete die Awo regelmäßig interne Supervisionen an.
„Der Staat gibt zu wenig Geld für Soziales aus. Ich sehe ein Trägersterben kommen“ sagt Nicole Neises-Weiler. Die bisherigen Gelder vom Land NRW pro Kommune werden auf die Frauenhausplätze verteilt, dabei sind die Kinder nicht mit einberechnet. Ziel ist es nun in einzelnen Kommunen im Märkischen Kreis Gelder zu sammeln, um die neue Erzieherin-Stelle zu ermöglichen. Der Förderverein Frauenhaus Iserlohn unterstützt die Einrichtung mit finanziellen Mitteln, sodass Ausflüge und Bustickets für den Weg zur Schule möglich werden.