Aus zwei mach eins: Die Stadt Halver und der Kreis möchten die Offene Kinder- und Jugendarbeit völlig neu denken. Nach dem Weggang von Arndt Spielmann und einer weiteren offenen Stelle, für die es seit langem keine Bewerber gibt, schufen beide Parteien jetzt einen neuen Posten. Gesucht wird ein städtischer Koordinator für Kinder- und Jugendarbeit. Jemand, der alles im Blick hat, Kontakte pflegt, ein Netzwerk aufbaut, neue Ideen entwickelt und Bewährtes fortsetzt. Die Bewerbungsfrist ist schon abgelaufen; die Gespräche mit den Kandidaten stehen kommende Woche an.
Matthias Sauerland, MK-Fachdienstleiter Jugendförderung und Kinderbetreuung, stellte das neue Konzept dem Ausschuss für Bildung und Jugend (18. September) vor. Das Gremium zeigte sich spontan nicht gänzlich überzeugt davon, dass dieser Weg der richtige für die Halveraner Jugend ist. Und auch wenn es lediglich um eine Kenntnisnahme ging, so entfachte eine Diskussion, die offene Fragen zurückließ.
„Er kann Profis einkaufen“
Sauerland warb für die Stelle des Koordinators: Die bisherige vergebliche Bewerbersuche sei den unattraktiven Arbeitszeiten (abends und am Wochenende), der Aufgabenvielfalt, mangelnder Work-Life-Balance und vor allem der schlechten Bezahlung geschuldet. „Für Halver ergibt sich jetzt die Chance, die Stelle ganz neu zu denken“, so Sauerland. Dank der Reduzierung von zwei Stellen auf eine könne der Koordinator nach der Entgeltgruppe S15 bezahlt werden und verfüge zudem über jährlich 125.000 Euro, die er für Projekte, Referenten und Honorarkräfte ausgeben kann. „Er kann Profis einkaufen“. Verbunden mit dem höheren Gehalt wächst der Anspruch an den „Neuen“ und dessen Qualifikation und Engagement.
Das Freizeitverhalten von Jugendlichen habe sich massiv verändert, machte Matthias Sauerland deutlich. „Die Schule dauert deutlich länger und es gibt mehr Angebote. Wir müssen auf Jugendliche zugehen.“ Gleichwohl sollen etablierte Konzepte, wie der Montagstreff, bestehen bleiben und ausgedehnt werden. Nach etwa zwei Jahren könne das Umgesetzte kritisch hinterfragt werden; bis dahin brauche es aber Raum zur Entfaltung.
Dr. Jana Schrage (Die Grünen) lobte zwar den kreativen Lösungsansatz, befürchtete aber, dass der Koordinator als „eierlegenden Wollmilchsau“ und Einzelkämpfer dasteht – wobei gerade Sozialarbeiter gerne im Rudel aufträten. Die Sorge, dass am Ende kein Personal auf dem freien Markt verfügbar ist, das die Pläne des Koordinators umsetzt, teilten mehrere Lokalpolitiker. Kai Hellmann, Fachbereichsleiter Bildung, Sport und Liegenschaften, räumte ein, dass der Koordinator keine sechs Leute aus dem Hut zaubern kann, doch appellierte gleichzeitig, dem neuen Konzept eine Chance zu geben.
„Leute wollen nur noch managen und nicht arbeiten“
„Das haben wir in vielen Bereichen, dass die Leute nur noch managen und nicht arbeiten wollen“, kritisierte Dr. Sabine Wallmann (UWG). Ihr sei das alles viel zu schwammig. Kämmerer Simon Thienel betonte, dass der Koordinator nicht nur koordiniert, sondern noch viel mehr mache als Arndt Spielmann. Und deshalb werde dieser ja auch besser bezahlt. Zweifel gab’s aus dem Gremium auch, ob nicht zu viel Zeit mit den Jugendlichen verloren gehe. Der Wunsch, sich mehr auf den Jugendtreff Aquarium zu konzentrieren, kam ebenso auf, wie die Sorge, dass die Stelle gerade durch die „Einzelkämpfer-Stellung“ unattraktiv sei.
Matthias Sauerland stellte sich der Kritik, betonte jedoch mehrfach, dass es Zeit für einen Umbruch sei: „Wir müssen nicht die Qualität verbessern, die war schon immer gut. Ändern müssen wir die Art und Weise Kinder zu erreichen.“ Den gesamten Entscheidungsprozess kritisierte Mathias Ihne (FDP), der sich wunderte, dass die neue Stelle in Lüdenscheid konzipiert und keiner aus dem Fachgremium hinzugezogen und die Politiker somit vor vollendete Tatsachen gestellt worden seien. Er warf der Verwaltung vor, einfach „ins Blaue auszuschreiben und zu hoffen, dass sich etwas entwickelt.“
Bürgermeister wirbt für neues Konzept
Davon distanzierte sich Bürgermeister Michael Brosch, der klarstellte, dass das neue Konzept mühsam erarbeitet worden sei und man nun mutig und ohne Korsett ans Thema rangehen müsse. Für Jana Schrage reichten all die Argumente nicht aus – für sie basiert die neue Idee auf dem Prinzip Hoffnung. Eine positive Rückmeldung gab’s von Reiner Klausing, Leiter Humboldtschule: „Das ist mit Blick auf die Umsetzbarkeit schon das Optimum. Wir wären froh, wenn wir wieder einen Ansprechpartner hätten. Man merkt, wie das Aquarium jetzt schon an Struktur verliert.“