Die Lage ist problematisch: Ab nächster Woche werden seine Tiere auf den heimischen Weiden nicht mehr ausreichend Futter finden. „Wir leiden unter der Hitze“, sagt Henning Wolf. Und damit spricht er wohl für einen Großteil seines Berufsstands.
Wir fahren am Montagmittag durch die Ortschaft Berge in Halver; es geht querfeldein. Ein paar Meter in den Wald hinein, dann stoppen wir. Wir gehen einen steilen Abhang hinunter. Die Erde ist trocken und bedeckt mit Laub. Man könnte meinen, der Herbst sei längst eingezogen. Henning Wolf hat einen Eimer dabei, mit etwas Futter für seine“Jungs“. Gemeint sind die Bullen. Jeder bringt zwischen 700 und 800 Kilogramm auf die Waage. „Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“, sagt Wolf und lacht. Die Liebe zu seinem Beruf, zu seinen Tieren, sie ist spürbar. Ein paar Mal ruft er nach ihnen. Dann raunt’s und raschelt’s schon im Gebüsch – sie machen sich auf den Weg.
Wasser gibt’s nur noch aus der Badewanne
Dort, wo normalerweise ein kleiner Bach fließt, stoppt die Gruppe. Der Boden ist nahezu ausgetrocknet. Wasser gibt’s aktuell nur aus einer alten Badewanne. Die wird mithilfe eines höher liegenden Teichs gespeist. Aber auch das sei nur noch eine Frage der Zeit, sagt Henning Wolf. Es muss mal wieder regnen. Und zwar reichlich. Die vielen Fahrten zu den Weiden nimmt Henning Wolf in Kauf. Bis zum Herbst stehen die Tiere des zertifizierten Bioland-Bertriebs voraussichtlich noch draußen. Ein Luxus für die Rinder.
Bereits vor drei Wochen sei die erste Quelle versiegt, erzählt Henning Wolf im Gespräch mit LokalDirekt. Seitdem muss er täglich rausfahren, um die Rinder mit ausreichend Wasser zu versorgen. Immerhin 14 Weiden sind es, die er ansteuern muss. Mancherorts stünden zumindest Fässer mit einem Fassungsvermögen von rund 3000 Litern, die für mehrere Tage ausreichen. Dann gibt es die Badewannen-Lösung und noch eine dritte Option: „Ich habe Privatleute, deren Grundstücke an meine Weiden grenzen, gefragt, ob ich ihren Garten-Wasseranschluss anzapfen kann“, erzählt Wolf. Und er darf. Solidarität in Zeiten, in denen alles knapp oder teurer wird. Immerhin: Eine Milchkuh trinkt bis zu 80 Liter Wasser am Tag, die „Jungs“ schaffen bis zu 50 Liter.
Ab kommender Woche, sagt Henning Wolf, werde es auch schlecht ums Futter stehen. Es wächst nichts mehr. Die zweite Fuhre Grassillage sei so gut wie dahin. Die erste Ernte im Juni hingegen sei noch sehr gut ausgefallen, sodass er zumindest für die Wintermonate ganz gut aufgestellt sei. Dennoch: Bald wird er seine Tiere draußen also auch mit Futter versorgen müssen. Ein Kraftakt. Und ein Zeitfresser.
Trockenheit sorgt für Ernteeinbußen
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes Joachim Rukwied warnt aktuell bereits vor Ernteeinbußen durch Trockenheit. Für Henning Wolf ist das schon längst Realität: Extrem gelitten hätte in diesem Jahr die Ackerbohne. Die Pflanzen des Halveraner Landwirts hätten durch die Dürre viele Blüten abgeworfen – entsprechend gering fiel die Ernte aus. Wolf schätzt, dass ihm die Trockenheit um rund 30 Prozent des Ertrags gebracht hat. Derzeit noch auf den Feldern sind Kartoffeln und Mais. „Je nach Standort werde ich beim Mais sicher auch Einbußen haben“, prognostiziert der Landwirt. Die Kartoffeln müsse man dann begutachten.
Wie er in Zukunft auf Sommer wie diese reagieren wird, das weiß Henning Wolf noch nicht. Wüsste er vorher, wie das Wetter so spielt, könnte er zumindest Getreidesorten mit entsprechend hohem beziehungsweise niedrigem Wasserbedarf anbauen. Und er betont: „Die Lage ist zwar problematisch, aber nicht derart dramatisch wie bei meinen Berufskollegen in Frankreich.“