26. Januar: Schocknachricht für die Nachrodt-Wiblingwerder und die Pendler. Die Lennebrücke wird gesperrt. Und zwar nicht irgendwann, sondern binnen der nächsten Stunde. Schon um 14 Uhr soll sie dicht sein. Und zwar komplett. Kein Auto, kein Fahrrad, kein Fußgänger darf dann mehr darüber. „Die Straßen.NRW-Regionalniederlassung Südwestfalen muss auf Grund neuer Schäden im Fundament- und Pfeilerbereiches die Brücke über die Lenne im Zuge der B236 in Nachrodt-Wiblingwerde aus Verkehrssicherheitsgründen sofort voll sperren. Die Sperrung gilt für alle Verkehrsteilnehmenden“, heißt es in der Mitteilung von Straßen.NRW. Bürgermeisterin Birgit Tupat erfährt durch den Kreisbrandmeister am späten Vormittag davon und steht vor einem riesigen Problem. Wie wird der Rettungsdienst geregelt? Nachrodt-Nord hat keine Wache, keine Einsatzfahrzeuge. Wie kommen Schüler, Kindergartenkinder und Senioren nach Hause? Was passiert mit dem Busverkehr? Derweil werden Schüler aufgefordert nach Hause zu kommen. Die Kindergärten schließen früher. Zum ersten Mal wird richtig sichtbar, was zwar alle wussten, letztlich aber niemand so richtig greifen konnte: Die Lennebrücke ist die Lebensader der Gemeinde und der gesamten Lenneschiene.
Den kompletten Ticker der ersten drei Tage finden Sie hier: Ticker zur Vollsperrung: Alle Ereignisse, Stimmen und der Brückenbau
Die ersten drei Tage überschlagen sich die Nachrichten und Ereignisse. Pünktlich zum Berufsverkehr ist die Brücke dicht. Von Straßen.NRW ist niemand erreichbar. Letztlich sind es Bürgermeisterin Birgit Tupat, Kreisbrandmeister Michael Kling, Nachrodt-Wiblingwerdes Feuerwehrchef Jens Klatt und das THW, die die Ärmel hochkrempeln und eine Lösung für die Bürger entwickeln. Eine Pontonbrücke soll gebaut werden. Zumindest für Fußgänger. Derweil wird im Amtshaus eine provisorische Feuerwehrwache samt Leihfahrzeug eingerichtet. Um 18.06 Uhr verkündet Birgit Tupat: „Morgen wird das THW eine Pontonbrücke errichten.“ Es beginnt eine in Nachrodt-Wiblingwerde nie dagewesene Aktion. Hunderte Ehrenamtler packen mit an – Straßen.NRW im Übrigen nicht.
Die ganze Nacht hindurch laufen die Vorbereitungen. Im Amtshaus, bei der Feuerwehr und beim THW schläft niemand. Tiefbauer Siggi Müller ist sofort bereit. Elektro Rieger sichert ebenfalls sofortige Hilfe zu. Bürger bieten derweil ebenfalls ihre Hilfe an. Alle packen mit an, um zumindest eine kleine Lösung zu haben. Spezialkräfte des THW aus dem ganzen Land werden zusammengetrommelt, um ihr Material zusammenzutragen. Viele werden dafür mitten in der Nacht aus dem Bett geworfen. Denn morgen früh um 8 Uhr soll es los gehen. Das Ziel: Am Montag sollen die Schüler wieder zur Schule kommen.
Inzwischen ist es 20 Uhr und noch immer gibt es keine weitere Stellungnahme von Straßen.NRW. Die soll es am Montagmorgen geben. Derweil befindet sich die Region im Ausnahmezustand.
27. Januar: Die ersten Einheiten des THW treffen ein. Es beginnt ein einzigartiger Einsatz. Allein das THW wird an diesem Tag mit 180 Einsatzkräften vor Ort sein. Die einzelnen Gruppen treffen ein, die Gruppen- und Zugführer verschaffen sich einen Überblick. Gerade läuft die Anmeldung. Und die Fahrzeuge von THW, DRK, Feuerwehr, Rettungsdienst und Verwaltung werden geparkt und eingewiesen. Die Strömungsretter der Feuerwehren im Märkischen Kreis rücken ebenfalls an. Denn das Vorhaben ist kompliziert und keineswegs ungefährlich. Die Lenne gehört zu den Flüssen Deutschlands mit der schnellsten Strömung. „Unser Ziel ist es, dass am Montagmorgen um 7 Uhr alles fertig ist. Vielleicht auch etwas eher. Damit dann die Menschen über die Brücke laufen können. Insbesondere die Schulkinder“, sagt Feuerwehrchef Jens Klatt, der die komplette Maßnahme leitet. Auch für ihn wird es ein unvergessliches Wochenende.
Inzwischen weiß jeder Nachrodt-Wiblingwerder, was eine Pontonbrücke ist. Damals noch nicht. Die Pläne klingen verrückt. Das THW wird eine Pontonbrücke errichten. Sie wird aus fünf Doppelpontons bestehen, das sind quasi kleine Boote, die mit einander verbunden werden. Sie besteht aus speziellem Brückenbaumaterial, hinzu kommen die Gehwegplatten, das Geländer und die Rampen an beiden Seiten als Zugang. Die Rampen passen sich individuell an den Wasserpegel der Lenne an. Insgesamt wird die Brücke 3,15 Meter breit. Der Verkehrsweg wird circa zwei Meter breit sein. Die Länge beträgt ungefähr 43 Meter.
Während hunderte Einsatzkräfte im Bereich des Lenneufers unterwegs sind, rollt Tiefbauer Siggi Müller an. Er ist der Mann fürs Grobe und rammt unter anderem Stahlträger in die Erde, an denen die Brücke später gesichert wird. Derweil erkundet die Iserlohner Feuerwehr den Nachrodter Norden. Sie helfen die nächste Zeit bei Einsätzen. Der Umweg für die Wiblingwerder: 35 Kilometer. Nicht machbar im Ernstfall.
Die ersten Einsatzkräfte sind müde. Seit der Nacht sind sie unterwegs. Es ist Nachmittag. Von Straßen.NRW war noch niemand da. Aber es ist ja auch Wochenende. Die Arbeiten hängen im Zeitplan. Es gab Probleme mit der Sicherung. Beleuchtung muss aufgebaut werden. Die Arbeiten können im jetzigen Stand nicht mit morgen pausieren, das wäre zu instabil. Nach 18 Uhr lässt sich bereits eine Brücke erkennen:
22 Uhr: Das Tagesziel wurde erreicht. Die Pontons mit den Platten verbinden die beiden Ufer und die Rampen sind angebracht. Das THW bleibt als Nachtwache.
28. Januar: Sonntagmorgen 7 Uhr. Die Augenringe sind da. Aber alle sind hochmotiviert. Die Brücke muss heute fertig werden. Die Feuerwehr ist mit der Drohne unterwegs, die Strömungsretter in Position, die Einsatzleitung im Gespräch, die Bürgermeisterin ist mittendrin, das DRK baut die Verpflegung auf, das THW ist dabei die Materiallieferungen zu sortieren. Aus dem ganzen Land werden fehlende Teile für den Geländerbau herbeigekarrt und Siggi Müller ist auch schon wieder mit seinem Team und mit seinem Bagger unterwegs.
Heute soll die Brücke ein Geländer bekommen: Normalerweise bekäme eine solche Behelfsbrücke einen Handlauf mit einem Seil. Das ist in Nachrodt undenkbar. „Da müssen ja Kinder drüber“, sagt Holger Hohage. Daher setzt das THW auf ein Gerüstbauwerk. Dieses wird eingerückt, sodass die derzeit 3,15 Meter breite Spur auf etwa zwei Meter verringert wird. Das Geländer wird dann noch mit Holz verkleidet. Insgesamt auf etwa einen Meter Höhe. Das gebe optisch Sicherheit und verhindere ein Klettern auf dem Geländer.
Das Interesse ist riesig. Die Bürger möchten Danke sagen und helfen. Aber Einsatzleiter Jens Klatt appelliert:
Um 11.25 Uhr werden erstmals Mitarbeiter von Straßen.NRW gesichtet. Sie halten sich im Hintergrund. Die zahlreichen Arbeiter vor Ort sind nicht gut auf sie zu sprechen. Die mangelnde Kooperation und Hilfsbereitschaft macht die Nachrodt-Wiblingwerder wütend.
Wenig später trifft NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer ein. Nicht nur er kommt. Auch Landrat Marco Voge, der heimische Bundestagsabgeordnete Paul Ziemiak (CDU), die Landtagsabgeordneten Thorsten Schick (CDU) und Gordan Dudas (SPD) sowie andere Vertreter der Politik besuchten die Baustelle. Tupat erklärt die Notwendigkeit der Arbeiten:
Erstmals gibt es Informationen von Straßen.NRW:
Kreisbrandmeister Michael Kling findet im Gespräch mit Verkehrsminister Oliver Krischer klare Worte: „Aktuell ist es so, dass wir nicht von allen Seiten alle Krankenhäuser anfahren können. Sprich theoretisch wäre es so, dass sich der Gesundheitszustand dem Verkehr anpassen müsste. Wir können aktuell nur provisorische Lösungen finden.“ Zudem gebe es Schutzziele im Branschutzbedarfsplan, die durch die Sperrung nicht mehr eingehalten werden könnten. „Die Nummer hier geht auf die Sicherheit der Bürger. Das geht hier nur hemdsärmlig. Wir haben beispielsweise jetzt die ganze Zeit eine Sitzbereitschaft auf beiden Seiten. Das heißt, die Aktion geht auch wieder auf den Nacken des Ehrenamts“, erklärte Kling.
Derweil gibt es ein weiteres Problem: Die MVG teilt mit, dass es am Montag noch keinen Schülerverkehr zwischen Letmathe und Altena geben wird. Wer nicht gebracht werden kann, muss zuhause bleiben.
Inzwischen ist es stockdunkel. Um 22 Uhr laufen die Arbeiten immer noch auf Hochtouren. Die Ehrenamtler sind müde. Die Stimmung ist gereizt. Aber alle reißen sich zusammen. Um 23.10 Uhr ist Schluss. Die letzten Arbeiten werden morgen früh gemacht. Aber: Es hat geklappt. Die Schüler können am Montagmorgen die Brücke nutzen.
29. Januar: Es ist noch alles etwas provisorisch, aber die Brücke erfüllt ihren Zweck. Um 7 Uhr gehen die ersten Nachrodt-Wiblingwerder darüber. Heute werden noch die Wege geschottert, das Ufer gesichert, Parkplätze ausgewiesen und die Beleuchtung installiert. In Nachrodt ist am Morgen auch Straßen.NRW. Anastasios Topsinoglou, Bauleiter für die Lennebrücke bei Straßen.NRW, ist in Nachrodt vor Ort und macht Mut: „Wir werden den Pfeiler wieder reparieren und die Brücke kann wie vorher genutzt werden.“ Schon im Lauf des Vormittags wird ein spezieller Taucher aus Köln erwartet. Derweil wird parallel das Stahlkorsett abgeholt, das am Wochenende gefertigt wurde.
Und erstmals wird die Frage nach dem Pegel der Lenne gestellt. Dieser bekommt in den kommenden Wochen eine Bedeutung wie nie zuvor in Nachrodt. Ist der Pegel genug gesunken, dass die Arbeiten am defekten Brückenpfeiler heute beginnen können? Der Ruhrverband versucht das Ganze zu regeln, lässt weniger Wasser aus der Bigge ab. Um 70 Zentimeter muss der Pegel sinken. 70 Zentimeter Wasserstand im Bereich der Brücke sind erforderlich, um an die Fundamente zu gelangen. Das Problem: Wird zu viel Wasser zurückgehalten, wird die Ruhr zu wenig gespeist. Dann bekommt Gelsenwasser ein Problem mit dem Trinkwasser. Es muss also ganz genau beobachtet und abgewogen werden. Da sind echte Experten des Ruhrverbands gefragt. Aber: Es soll gelingen, vielleicht noch nicht heute. Das schlimmste was aktuell passieren könnte, wäre Dauerregen.
Nachdem das Wochenende ganz im Zeichen der hemdsärmligen Lösung stand, geht es nun ins Detail. Und das ganze Ausmaß und der damit verbundene Rattenschwanz werden deutlich. Die Schäden, die an der alten Lennebrücke festgestellt wurden, betreffen – aus Richtung Rastatt gesehen – den zweiten Pfeiler von links. Die zwei weiteren Pfeiler in Richtung Haus Nachrodt sind noch gar nicht untersucht worden. Das sei aktuell unmöglich. „Die Strömung ist da extrem und sehr tückisch. Da konnte noch kein Taucher arbeiten – obwohl wir schon die Felsen im Wasser hatten, um die Fließgeschwindigkeit zu minimieren“, erklärte Andreas Berg, Pressesprecher von Straßen.NRW, am Montagmorgen auf Nachfrage. Wann diese Untersuchungen stattfinden können, ist aktuell noch ungewiss. Bürgermeisterin Birgit Tupat bereitet die Ungewissheit Sorge: „Ich bin keine Fachfrau, aber die Pfeiler sind genauso alt, wie der Pfeiler, an dem jetzt die Schäden festgestellt wurden. Ich weiß es nicht. Ich kann es nicht beurteilen. Aber meine Befürchtung ist natürlich, dass auch die beiden anderen Pfeiler entsprechend geschädigt sind.“
Um 16 Uhr ist der Einsatz für die Helfer so gut wie beendet. Die Brücke ist fertig. Der Weg wird noch hergerichtet. Das THW räumt zusammen und auch die Strömungsretter haben Feierabend. Hinter den Kulissen geht die Arbeit jedoch weiter. Das Rettungskonzept muss beispielsweise auf seine Belastbarkeit analysiert werden. Und auch sonst gibt es noch jede Menge zu tun – vor allem Papierkram. Dafür war nämlich noch gar keine Zeit.
Die Details des Mammut-Wochenendes lesen Sie hier: Ticker zur Vollsperrung: Alle Ereignisse, Stimmen und der Brückenbau
Am Abend Ratssitzung. Das Interesse ist riesig. Etliche Nachrodt-Wiblingwerder verfolgen die Ratssitzung am Montagabend in der Aula der Grundschule Nachrodt. Die Debatte um die Sperrung der Lennebrücke war geprägt von Emotionen. Gleich zu Beginn der Sitzung gab Bürgermeisterin Birgit Tupat eine umfangreiche Stellungnahme ab. Sie fasste noch einmal zusammen, wie die Kommunikation mit Straßen.NRW gelaufen ist, was alles in Bewegung gesetzt wurde und wie es derzeit an der Lennebrücke weiter geht.
30. Januar: Die Lennebrücke ist Thema im NRW-Verkehrsausschuss. Das wollten die heimischen Ratsmitglieder Sonja Hammerschmidt und Petra Triches von der UWG sowie Gerd Schröder von der SPD keinesfalls verpassen, setzten sie doch große Hoffnung in die Sitzung. Aber am Ende waren sich alle drei einig: „Das war beschämend.“
31. Januar: Bürgermeisterin Birgit Tupat, NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Bündnis 90/Die Grünen), SIHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Ralf Geruschkat und Özgür Gökce, Geschäftsführer des Märkischen Arbeitgeberverbands trafen sich am Mittwochvormittag zu einer Telefonkonferenz. Die drei heimischen Vertreter waren sich einig: Die Wirtschaft braucht Hilfen vom Land.
2. Februar: Die Betonarbeiten am defekten Pfeiler der Lennebrücke sind gestartet. Die Betonpumpe ist da, der Schlauch liegt und auch die Taucher sind startklar – und sogar der Pegel passt. Der liegt aktuell bei 74 Zentimetern. Schon Anfang der Woche hatten die Vorarbeiten begonnen. Ein Stahlkorsett war bereits über das Wochenende angefertigt worden. Spezialtaucher aus Köln brachten es am Montag an. Für die Betonarbeiten musste der Lennepegel gesenkt werden. Dieser lag am Samstag noch bei etwa 1,40 Meter. Über den Zufluss der Bigge konnte der Pegel reguliert werden.
7. Februar: „Machen Sie die Lennebrücke in Nachrodt-Wiblingwerde zur Chefsache!“ So steht es groß im Brief der Verwaltung und der Fraktionsvorsitzenden an NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer. Die Sorgen der Nachrodt-Wiblingwerder sind groß.
In dem Brandbrief an den Minister werden Wut, Frust und Verzweiflung deutlich. „Bereits seit Jahrzehnten beschäftigt uns der Zustand der Lennebrücke in Nachrodt-Wiblingwerde. Seit mehr als 20 Jahren ist die Tragfähigkeit des Brückenbauwerks mittels Beschilderung auf 20 t reduziert“, heißt es in dem Brief. Weitergehende Instandsetzungen beziehungsweise Sanierungen seien in der Vergangenheit nicht mehr durchgeführt worden, da ein Ersatzneubau mit neuer Linienführung parallel zum vorhandenen Bauwerk dieses ersetzen sollte, heißt es in dem Brief. In dem vierseitigen Brief werden auch einmal mehr offene Fragen im Bezug auf das Handeln von Straßen.NRW formuliert.
8. Februar: Das Wasser ist zu hoch. Die erste Hochwasserwarnstufe für die Lenne wurde heute Morgen kurzzeitig bereits überschritten. Während gestern noch einige erweiternde Arbeiten stattfinden konnten, muss der Baustellenbetrieb nun komplett ruhen. Wie lange, kann aktuell keiner prognostizieren.
14. Februar: Die Arbeiten an der Lennebrücke gehen weiter. Der Pegel lag um 10.45 Uhr bei 112,8 Zentimetern, gearbeitet werden kann ab 130 Zentimetern. Wenn der Pegel hält, können schon bald die Taucher den anderen Brückenpfeiler untersuchen.
17. Februar: Der fraktionslose Ratsherr Aykut Aggül hat unmittelbar nach der Sperrung der Lennebrücke zu einer großen Unterschriftenaktion für eine neue Brücke aufgerufen. Er möchte damit ein Zeichen setzen. Am Samstagvormittag fand eine größere Aktion vor dem Edeka-Markt statt. Mit Erfolg: 503 Unterschriften wurden gesammelt.
23. Februar: „B236: Teilfreigabe der Lennebrücke in Nachrodt-Wiblingwerde am Freitag“ lautet die Meldung von Straßen.NRW, die mindestens genauso überraschend ist, wie einst die Sperrung. Schon heute soll ein Teil des Verkehrs wieder fließen. Und tatsächlich: Um 15 Uhr rollen die ersten Autos über die Brücke. Dicke Beton-Legosteine sorgen dafür, dass keine großen und schweren Fahrzeuge darüber fahren können.
26. Februar: „Nein, es läuft nicht.“ Das erste Berufsverkehr-Fazit des Ordnungsamts fällt knapp aus. Mitarbeiter Mark Wille ist im Stress. „Wir können noch nicht so genau sagen, was das Hauptproblem ist. Wir müssen uns jetzt vor Ort einen Überblick verschaffen und dann muss nachgebessert werden.“
Probleme gibt es gleich mehrere. Beispielsweise wurden von Autofahrern Schilder einfach weggedreht. Lkw fahren viel zu weit in Richtung Brücke und erkennen zu spät, dass sie nicht durchkommen. Die Einfädelung von der Ehrenmalstraße aus klappt nicht und viele Autofahrer scheinen nicht zu wissen, wie breit ihr Auto ist und haben Angst.
4. März: Straßen.NRW-Sprecher Andreas Berg bestätigt: „Ja, am Mittwoch werden die Taucher kommen.“ Die Spezialisten aus Köln werden Aufnahmen vom dritten Pfeiler machen und vielleicht steht dann schon am Donnerstag fest, wie es in Sachen Lennebrücke weitergehen wird. „Es hängt davon ab, wie lange die Taucher brauchen und wann sie mit den Arbeiten starten können“, berichtet Andreas Berg. Davon hänge ab, wann die Bilder bei Straßen.NRW eingehen. Die Videos vom Pfeiler werden dann am Computer ausgewertet. Auch das dauere noch eine Weile. „Aber wir können ja am Donnerstag einmal sprechen. Vielleicht können wir dann schon etwas sagen“, erklärte der Sprecher.
6. März: Nicht einmal eine halbe Stunde haben die Taucher für die Aufnahmen des dritten Pfeilers gebraucht. Unmittelbar danach wurden die Bilder noch vor Ort von der Kamera auf den Straßen.NRW-Computer übertragen. Sofort wurde mit der Sichtung und Auswertung begonnen. Eventuell noch heute, spätestens morgen, sollen die Ergebnisse vorliegen.
7. März: Die Auswertung der Bilder war erfolgreich. Die Lennebrücke wird nun einseitig wieder für den Lkw-Verkehr freigegeben. „Die Arbeiten an der Brücke werden noch einige Zeit in Anspruch nehmen“, erklärte Andreas Berg, Sprecher des Landesbetriebs Straßen.NRW. Ziel sei es in Kalenderwoche 16/17, also in der zweiten Aprilhälfte, die Arbeiten abzuschließen. „Natürlich sind wir weiter vom Pegel abhängig“, betonte Andreas Berg. Auch am dritten Pfeiler wurden Schäden festgestellt, diese sind allerdings nicht so massiv wie die an Pfeiler 2, wegen der die Brücke am Freitag, 26. Januar, plötzlich komplett gesperrt werden musste. „Es gibt ein paar Löcher und Fugen, an die wir ran müssen. Das wird alles mit Beton ausgepresst“, berichte Berg.
15. März: Der Abbau der Pontonbrücke hat begonnen. Am Freitag und Samstag werden wieder mehr als 100 THW-Mitglieder aus ganz NRW im Einsatz sein. Das Ziel: Bei Einbruch der Dunkelheit soll die Brücke am Samstagabend weg sein.
22. März: Der Besuch der heimischen Ratsmitglieder Aykut Aggül (fraktionslos) und Sonja Hammerschmidt (UWG) im Düsseldorfer Landtag ist mehr als die reine Übergabe von 1150 Unterschriften. Zwei Stunden lang diskutieren sie im Landtag über die Verkehrssituation in Nachrodt. „Ich glaube schon, dass die Politiker die Not inzwischen sehen und uns ernst nehmen“, berichtet Aykut Aggül.
19. März: Die Verwaltung wird nicht prüfen, ob eine Klage gegen Straßen.NRW möglich ist. Die Mitglieder des Rats sprechen sich im Rahmen ihrer Sitzung gegen den Antrag der UWG aus. Lediglich der fraktionslose Ratsherr Aykut Aggül unterstützte den Vorstoß der UWG-Fraktion. „Aber wir haben viel geredet über Untätigkeit und Ignoranz. Wir haben uns aufgeregt. Wir finden, wir müssen ein Zeichen setzen. Außer Gesprächsvorschlägen ist nichts gekommen. Und bisher sind all den Worten keine Taten gefolgt“, sagte Sonja Hammerschmidt (UWG). Die Ratsfrau warb noch einmal intensiv für den Antrag, in dem die UWG dem Rat empfiehlt, die Verwaltung damit zu beauftragen, zu prüfen, ob eine Schadensersatzklage gegen Straßen.NRW möglich ist. Darin heißt es: „Das Verhalten von Straßen.NRW (Verzögerung der Baumaßnahmen, Reparaturen von Straßen und Brücken) verursacht immense Kosten und Nachteile für die Gemeinde, die Unternehmen und die Bürger/innen.“
20. März: Der Konflikt um den Bau des Radwegs zwischen ehemaliger Metzgerei Böhland und Rastatt spitzt sich zu. Im Rat wurden die Politiker nun deutlich und sprachen sich klar gegen den Bau des Radwegs aus. Lieber verzichten die Ratsmitglieder auf die 500 Meter, als noch einmal ein Verkehrschaos ertragen zu müssen.
5. April: Die SPD ist sich einig: So kann es mit der Verkehrssituation im Märkischen Kreis nicht weitergehen und hat deshalb eine große Diskussionsveranstaltung organisiert. Bürger diskutieren mit Bürgermeistern sowie Kreis- und Landtagsabgeordneten.
1. Mai: Die angepassten Planunterlagen für den Neubau der Lennebrücke und den damit verbundenen Maßnahmen liegen zur Einsicht aus. Darin geht es nicht mehr um das Verfahren an sich, sondern um die eingearbeiteten Änderungen, Ergänzungen und Aktualisierungen aufgrund zuvor eingereichter Einwendungen und Stellungnahmen. „Es geht in diesem Fall wirklich nur um die eingearbeiteten Änderungen und nicht mehr um die Grundlage des Planverstellungsverfahrens“, erklärte Bürgermeisterin Birgit Tupat. Wenn dieser Prozess abgeschlossen ist und es einen Planfeststellungsbeschluss gibt, kann dieser erneut von Bedenkenträgern angefochten werden. Dann müssen Gerichte über das Vorhaben entscheiden. Ein langer Prozess ist dann vorpogrammiert. Zu diesem Zeitpunkt hoffen noch alle, dass es soweit nicht kommen wird. Inzwischen wissen die Nachrodt-Wiblingwerder, dass nun alles vom Gericht abhängt.
3. Mai: Matthias Goeken, Vorsitzender des NRW-Verkehrsausschusses hält sein Versprechen. Im März hatte er den Nachrodtern Aykut Aggül und Sonja Hammerschmidt gesagt, dass er im Sommer selbst nach Nachrodt reisen würde. Nun steht der Termin fest. Neben dem Ausschussvorsitzenden, wird auch Thorsten Schick kommen. Der Fraktionsvorsitzende der CDU-Landtagsfraktion war bereits mehrfach in Nachrodt. Der Termin ist für Freitag, 28. Juni, angesetzt. Los geht es um 16.30 Uhr an den Lenneterrassen. Aggül: „Im Zentrum des Gesprächs werden vor allem die Verkehrssituation sowie der zeitnahe Neubau der Lennebrücke entlang der B236 in Nachrodt-Wiblingwerde stehen.“
19. Juni: Der CDU-Landtagsvorsitzende Thorsten Schick und Matthias Goeken, Vorsitzender des NRW-Verkehrsausschusses, kommen nicht wie ursprünglich geplant nach Nachrodt. Die Absage des Termins sorgt für Ärger unter den heimischen Politikern. Es wird jedoch einen neuen Termin geben. Der Grund der Absage liegt in Formfehlern und Eitelkeiten.
27. August: Es war die Knaller-Nachricht des Tages, mit der – zumindest noch – niemand gerechnet hatte: „Die Bezirksregierung Arnsberg hat das Planfeststellungsverfahren für den Ausbau der B236 im Märkischen Kreis zwischen Nachrodt-Wiblingwerde und Meinerzhagen, inklusive einer Verlegung der Lennebrücke, mit dem Planfeststellungsbeschluss vom 23. August 2024 abgeschlossen.“ Die Pressemitteilung verkündete das Erreichen eines weiteren Meilensteins in Sachen „Neubau Lennebrücke“. So richtige Euphorie ist in Nachrodt-Wiblingwerde dennoch nicht spürbar. Es überwiegt Pessimismus. Denn noch sind viele Fragen offen.
31. August: Die Gemeinde sagt Danke. Zum Ehrenamtsgrillen sind neben den Ehrenamtlern aus der Gemeinde auch die Helfer von THW, DRK und den angrenzenden Feuerwehren eingeladen.
2. September: NRW-Verkehrsausschussvorsitzender Matthias Goeken und der heimische CDU-Landtagsabgeordnete Matthias Goeken besuchen Nachrodt-Wiblingwerde und treffen Bürger zum Dialog in Sachen Brücke.
17. September: Die Lennebrücke ist gesperrt. Wegen einer routinemäßigen Brückenkontrolle. Noch vor einem Jahr, hätten sich vielleicht ein paar Autofahrer über die Verkehrsbehinderung aufgeregt. Nach dem Verkehrs-Super-Gau im Januar waren das Interesse und die Sorgen der Bürger jedoch ungewöhnlich groß.
Im Fokus der Prüfer stand die sogenannte Rohrbrücke. Entlang der Verkehrsbrücke gibt es noch eine Stahlkonstruktion an der Versorgungsleitungen liegen, dazu gehören unter anderem eine Gasleitung und der Mischwasserkanal der Gemeinde. Alle zwei Jahre wird diese Rohrbrücke in der Regel geprüft. „Diese Prüfung hat nichts mit der Statik der Brücke zu tun. Es wird also keine Vollsperrung geben, selbst wenn dabei Mängel festgestellt werden“, betonte Patrick Litz, zuständiger Mitarbeiter des Abwasserwerks der Stadtwerke Altena. „Auf den ersten Blick gab es keine Mängel, die ein sofortiges Handeln erforderlich machen. Für alles Weitere müssen wir die Auswertung durch den Ingenieur abwarten“, erklärte Litz. Grundsätzlich sei schon jetzt klar, dass in die Rohrbrücke nur noch das Nötigste investiert wird. Denn beim Bau der neuen Lennenbrücke würden auch die Leitungen, die jetzt über die Rohrbrücke verlaufen, verlegt. Dann wird es eine Düker-Lösung unter der Lenne geben.
24. Oktober: So richtig überrascht ist niemand. Doch der Funke Hoffnung, den viele Nachrodt-Wiblingwerder hatten, ist nun erloschen. Der Streit zwischen einem Grundstückseigentümer, den wir aus rechtlichen Gründen namentlich nicht nennen dürfen, und der Bezirksregierung/Straßen.NRW im Fall der Lennebrücke geht in die nächste Runde – und zwar vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster.
13. November: Die Nachrodter Lennebrücke ist im Straßen- und Brückenbauprogramm 2025 nicht zu finden. Ein Schock für die meisten Nachrodt-Wiblingwerder. Der Frust ist groß. Der Grund dafür liegt in der eingereichten Klage gegen das Planfeststellungsverfahren.