Es ging um die finanzielle Zukunft der Stadt. Halvers Fraktionsspitzen lasen ihre Haushaltsreden vor. Und der Bürgermeister fand das offenbar amüsant: „In der Kürze liegt die Würze“, zitierte Michael Brosch in der Ratssitzung seine Oma, unmittelbar nach der Rede des FDP-Fraktionschefs Sascha Gerhardt. Sie war dem Stadtoberhaupt offenbar zu lang; so fügte er hinzu, dass sich die Redelänge unproportional zur Fraktionsgröße (Anm. d. Red.: Die FDP hat drei Ratsmandate) verhalte. Und dass man das künftig vielleicht begrenzen sollte.
„Arroganz wächst am besten auf dem Misthaufen der Ignoranz“ – könnte man an dieser Stelle den Schweizer Journalisten Walter Ludin zitieren. Oder direkt jene, die live dabei waren und die genauso erschüttert über diese verbale Entgleisung des Bürgermeisters waren: „Ich halte Ihre Beurteilung der Haushaltsreden für unsäglich, undemokratisch und unwürdig. Und wenn hier an dieser Stelle ein Fraktionsvorsitzender / eine Fraktionsvorsitzende redet, müssen Sie das ertragen“, reagierte Dr. Sabine Wallmann auf die Äußerungen. Und das trifft es auf den Punkt. Das Verhalten des Bürgermeisters war schlicht und ergreifend respektlos. Er hat sich im Ton vergriffen.
Noch vor wenigen Tagen stellte er sich am Alten Markt auf die Bühne und sprach sich beim Protestmarsch vor Halvers Bürgern für Demokratie, Vielfalt und Respekt aus. Doch er muss mit gutem Beispiel vorangehen. Er muss sich ein Mal im Jahr für Lokalpolitiker, die einen großen Teil ihrer Freizeit für diese Stadt aufbringen und sicherlich viele Stunden in das Schreiben einer Rede investierten, die Zeit nehmen und zuhören. Einfach zuhören, ohne lachend eine abfällige Bemerkung zu machen.
Sicherlich: Die Redelängen der Fraktionsspitzen variierten und Sascha Gerhardt hatte die meisten Seiten gefüllt. Aber es gab vorab kein vereinbartes Limit. Und wenn, dann sollte die Redezeit sicherlich nicht an die Fraktionsgröße angepasst werden. Demokratisch ist das nicht. Im Gegenteil.
Abschließend sei – so viel Zeit muss sein – vielleicht noch ein Spruch für die Sammlung des Bürgermeisters angemerkt: „Wie wir andere behandeln, zeigt, wer wir selbst sind.“