Iserlohn. Bekommt Iserlohn eine neue Mehrzweckhalle und die Iserlohn Roosters damit eine neue sportliche Heimat? Nach bestätigten Informationen dieser Redaktion laufen seit Monaten Gespräche zwischen zumindest drei Ratsfraktionen der Waldstadt – Bündnis 90/Die Grünen, „Die Iserlohner“ und CDU – bei denen die Möglichkeit eines Neubaus der in die Jahre gekommenen Eissporthalle am Seilersee oder deren umfassende Renovierung sortiert werden. In die Debatte einbezogen sind selbstverständlich auch die Stadtwerke Iserlohn. Die städtische Tochtergesellschaft ist Eigentümerin der Eissporthalle.
40 Millionen Euro Baukosten
Wer das Thema an die Öffentlichkeit „durchgestochen“ hat, bleibt vorerst hinter verschlossenen Türen. Denn noch seien keine Entscheidungen gefallen, hieß es aus dem Iserlohner Rathaus. Das Thema dürfte auch sehr defizil sein, weshalb nur intern über eine neue Halle gesprochen wird.
Die Rede ist von einer Mehrzweckhalle mit einem Fassungsvermögen von 7500 Zuschauern und damit verbundenen Investitionen von geschätzten 40 Millionen Euro. Auch eine Renovierung ist im Gespräch. Die Ausgaben für den Brandschutz in sechsstelliger Höhe in das bestehende Gebäude sind bereits fix.
Eistempel ist in die Jahre gekommen
Fest steht auch: Der 1971 in Betrieb genommene Eistempel ist in die Jahre gekommen und genügt schon lange nicht mehr den Anforderungen eines modernen Spielbetriebs in der professionellen Deutschen Eishockeyliga PENNY DEL. Mit einem Fassungsvermögen von 4.967 Fans gehört die Balver-Zinn-Arena zu den kleineren Stadien. Lediglich in Ingolstadt (4.816), Bremerhaven (4.647) und Wolfsburg (4.503) ist die Zuschauerkapazität noch geringer als in der Waldstadt. Mit den Hallen in Mannheim (13.600), Berlin (17.000), Köln (18.700) und Düsseldorf (15.151) kann Iserlohn da nicht mithalten. Die jeweiligen Baukosten beliefen sich beispielsweise in Mannheim auf 70 Millionen Euro, in Berlin auf 165 Millionen Euro, in Köln auf 300 Millionen DM sowie in Düsseldorf auf 70 Millionen Euro. In Nürnberg (8.130 Zuschauer) mussten 70 Millionen Euro investiert werden, in Ingolstadt waren es 18 Millionen Euro, in Bremerhaven 15,8 Millionen Euro und in Wolfsburg immerhin noch 8,6 Millionen Euro.
1,8 Millionen DM vom Märkischen Kreis
„Es wird sicherlich nicht möglich sein, dass die Stadt oder die Stadtwerke die Kosten übernehmen können. Deshalb müssen andere mit ins Boot genommen werden“, so CDU-Fraktionsvorsitzender Fabian Tigges, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Iserlohner Stadtwerke ist. Deren Stromkunden würden sich bedanken, falls sie über ihre Stromtarife an der Finanzierung einer Eissporthalle beteiligt werden. Zumal die Iserlohn Roosters kein Verein, sondern eine Firma sind – Iserlohn Roosters Eishockey GmbH. Und auf den Märkischen Kreis dürfen sie wohl dieses Mal auch nicht hoffen.
Der Kreis finanzierte als Rechtsnachfolger des Altkreises Iserlohn über insgesamt acht Jahre die Eissporthalle mit. Durchschnittlich 250.000 DM Schuldendienst musste der jeweilige Kreiskämmerer jährlich bis 1978 in den Kreishaushalt einstellen – 1,8 Millionen DM insgesamt.
Standort für Neubau völlig offen
Die Finanzierung einer neuen Mehrzweck-/Eissporthalle ist ein Punkt, deren Standort ein weiterer. An der Seeuferstraße ist der Platz begrenzt. 7.500 Zuschauer brauchen Parkmöglichkeiten, die ja jetzt schon am Seilersee knapp sind.
Überlegungen, den angrenzenden Sportplatz oder das Kirmesgelände in die Planungen einzubeziehen, dürfte vor allem bei den Fußballern auf wenig Gegenliebe stoßen. Außerdem sind die nicht neu. Seit Jahren beklagen die Kufenflitzer, dass es keine zweite Eisfläche gibt, um den Trainings- und Spielbetrieb der Profi-, Nachwuchs- und Hobby-Mannschaften entzerren zu können. Und auch die Eiskunstläufer müssen Gelegenheit haben, ihren Sport auszuüben. Sie alle zahlen Miete für die Eissporthalle – die zum größten Teil aber von Zuschüssen der Stadt ausgeglichen werden.
Diskussion mindestens 30 Jahre alt
Die Diskussion um den Standort einer neuen Mehrzweckhalle ist mindestens 30 Jahre alt. Der damalige CDU-Ratsherr und Kreistagsabgeordnete, der Iserlohner Unternehmer Wolfgang Eckenbach, hatte eine große Halle für die Städte Iserlohn, Hemer und Menden vorgeschlagen. Als Standorte waren der Hemberg in Iserlohn und die Edelburg in Hemer ins Auge gefasst worden. Der Hemberg schied aus, weil sich darunter eine abgedeckte Mülldeponie befindet. Hemer und Menden sind seinerzeit aus den Planungen ausgestiegen, als die Forderung formuliert worden war, der Standort müsse auf jeden Fall in Iserlohn sein. Hemer hat inzwischen längst den Sauerlandpark und mit der Grohe-Halle eine eigene Veranstaltungshalle.
Ein Kommentar von Hendrik Klein
„Verfrühtes Wahlkampfgetöse„
Es ist ja unstrittig: Die Iserlohn Roosters sind der zuschauerträchtigste – ja was denn eigentlich? Verein? – in ganz Südwestfalen. Die Kufenflitzer vom Seilersee sind eben kein Verein, sondern die „Iserlohn Roosters Eishockey GmbH“, eine Firma also. Die Mitarbeiter dieser Firma, sofern sie Schlittschuhe tragen, spielen in der Eissporthalle am Seilersee, neuerdings Balver-Zinn-Arena. Die gehört den Stadtwerken, einer 100prozentigen Tochtergesellschaft der Stadt. Für die Namensänderung kassieren die Werke, ebenso natürlich die Hallenmiete. Die, so ist zu hören, ebenfalls sehr günstig ist.
Wer soll das bezahlen?
Es könnte also alles so schön sein unter dem Wellblechdach. Ist es aber wohl nicht. Alle Jahre wieder kommt die Debatte um eine zweite Eisfläche, eine neue Eissporthalle und jetzt sogar Mehrzweckhalle hoch. Im Iserlohner Rathaus haben Ratsfraktionen wieder einmal zusammengesessen und sich Gedanken gemacht. 7.500 Zuschauer, etwa 40 Millionen Euro Baukosten: Das sind die Eckpfeiler. Drei Dinge sind dabei sicher unverrückbar: Die Stadt mit ihrem maroden Haushalt baut nicht, die Stadtwerke ebenfalls nicht und mögliche Investoren sind nicht in Sicht. Die Stadtwerke haben seit Frühjahr sogar gutachterlich bestätigt, dass der Eistempel an der Seeuferstraße 25 noch mindestens zehn Jahre hält. Es ist also noch Zeit – wenn auch nicht unendlich.
Debatte jetzt völlig überflüssig
Damit hätte sich das Thema Neubau eigentlich schon erledigt, wären da nächstes Jahr nicht Kommunalwahlen. Eishockey-Fans sind eben auch Wähler. Die Fraktionen, die jetzt durch eine Indiskretion namentlich in der Öffentlichkeit genannt sind, sollten sich schleunigst klar positionieren. Obwohl, eigentlich ist ja gar nichts passiert. Es gibt nur Gespräche und Diskussionen. Ein politischer Antrag auf ein finanzielles Engagement der Stadt oder ihrer Stadtwerke für einen Neubau dürfte wenig Aussicht auf Erfolg haben. Zudem ist die Debatte zum jetzigen Zeitpunkt völlig überflüssig. Verwaltung und Politik in der Waldstadt haben derzeit ganz andere Sorgen, als den Bau einer großen Mehrzweck-/Eissporthalle. Was wäre denn gewesen, wenn die Roosters im Saison-Endspurt den Klassenerhalt nicht geschafft hätten? Das war ja knapp genug. Die Folgen für die Kufencracks aber auch für die Stadt mag man sich gar nicht vorstellen.