Wende in der Causa „Teeraufbruch am Herpiner Weg“: Offenbar überwies die Stadt Halver längst einen Teil der 103.000 Euro an das beauftragte Unternehmen, um den belasteten Schutt entfernen zu lassen. Da sie den Auftrag offiziell an eine Entsorgungsfirma vergeben hat, hat diese nun auch das Recht auf Entlohnung. Offenbar unwiderruflich. So zumindest sieht es die Gemeindeordnung vor. Diese Erkenntnis erlangten Presse und Politik aber erst auf eine diesbezügliche Medienanfrage. Darin teilte Nicole Schmies am Mittwochnachmittag, 27. September, im Auftrag des Bürgermeisters mit: „Die Summe ist in Teilen für die oben genannte Maßnahme (Anm. d. Red.: Entsorgung des Teeraufbruchs) verwendet worden.“
Auftragsvergabe und Zahlung müssen demzufolge nach dem 13. September erfolgt sein, also nach der Unterschrift von Marvin Schüle (CDU) unter der Dringlichkeitsentscheidung.
Fraglich ist zum jetzigen Zeitpunkt, warum Michael Brosch oder ein anderes Verwaltungsmitglied dies nicht während der Ratssitzung klar kommunizierte. An dieser Stelle sei vorausgesetzt, dass eine Verwaltungsspitze der Gemeindeordnung in einem zu behandelnden Vorgang kundig ist. Ferner räumt Schmies am Mittwochnachmittag per Mail ein, dass die nicht erteilte Genehmigung quasi folgenlos bleibt: „Sind durch die gefasste Dringlichkeitsentscheidung Rechte Dritter entstanden, darf und kann die Entscheidung durch den Rat nicht mehr aufgehoben werden. Erteilt der Rat die Genehmigung nicht, bleibt die Dringlichkeitsentscheidung „genehmigungslos existent“, d.h. die Dringlichkeitsentscheidung bleibt ungenehmigt bestehen.„
Brosch: „Damit müssen wir uns vertieft befassen.“
Doch genau nach diesen möglichen Folgen hatte sich Martin Kastner (SPD) noch vor der Abstimmung des Rates ganz konkret erkundigt: „Eine Dringlichkeitsentscheidung, die nicht ratifiziert wird – was hat das für Folgen für uns? Diese Frage richtete er an Nicole Schmies und den Bürgermeister Brosch. Dieser antwortete aber lediglich im Rat: „Damit müssen wir uns vertieft befassen.“
Auch der Ablauf rund um die Unterschrift der Dringlichkeitsentscheidung rückt erneut ins Rampenlicht: Wie mehrfach berichtet, involvierte die Verwaltung am 13. September zwei Ratsmitglieder. Erst fragte Bauamtsleiter Michael Schmidt Kurt-Dietrich Neuhaus (CDU), der darum bat, das Schriftstück in Ruhe zu lesen, um dann eine Entscheidung fällen zu können. Kurz darauf legte Ramona Ullrich den Entscheid Marvin Schüle (CDU) vor, der nichts vom Vorgeschehen wusste und unterzeichnete. In der kommunalrechtlichen Literatur könnte das nach LokalDirekt-Recherche durchaus auch als „Hausieren mit Dringlichkeitsentscheidungen“ bezeichnet werden.
9.5.1 „Hausieren“ mit Dringlichkeitsentscheidungen
Zum Zustandekommen einer Dringlichkeitsentscheidung ist Übereinstimmung von Bürgermeister und mitentscheidendem Ratsmitglied erforderlich. Wenn das zur Mitentscheidung ausgewählte Ratsmitglied nicht für die Entscheidung ist, ist damit in der Sache ablehnend entschieden worden. Der Entscheidungsprozess ist beendet; die Entscheidung ist getroffen. Unzulässig wäre es, nunmehr ein weiteres Ratsmitglied anzusprechen in der Hoffnung, dessen Zustimmung zur Entscheidung zu finden. Ein solches „Hausieren“ wäre deshalb unzulässig, weil das gerade für diese Entscheidung ad hoc gebildete und zuständige Zweiergremium (Organ) bereits mit der Ablehnung des zuerst angesprochenen Ratsmitgliedes endgültig entschieden hat.