Der Aufwand war so groß, dass mancher Anwohner sich erstmal erkundigte, ob hier wirklich keine echte Einsatzlage vorliegt. Ziel der Übungseinheiten: Arbeitsabläufe trainieren, theoretische Kenntnisse in der Praxis vertiefen, aber auch mögliche Schwachstellen erkennen. Die Szenarien sollen dabei möglichst realitätsnah sein.

In einer Situation waren die Einsatzkräfte näher dran, als ihnen lieb war: Ein Kamerad bekam bei einer Übung unter schwerem Atemschutz Kreislaufprobleme und musste vom Rettungsdienst betreut werden.
Auch soetwas lässt sich in der Feuerwehr-Arbeit nicht vermeiden, und besonders belastende, schwüle Witterung macht auch vor Übungen nicht halt.
Befreundete Löschzüge als Trainingspartner
Wie üblich, suchen sich die Wehrleute vom Löschzug Stadtmitte Trainingspartner, und fanden diese diesmal im DRK Schwelm, die einen Rettungswagen samt Besatzung nach Halver entsandten. Eine regelrechte Freundschaft verbindet die Halveraner Wehr bekanntlich mit der Feuerwehr Marienheide (Oberbergischer Kreis). Der Löschzug Marienheide war mit einem Fahrzeug samt acht Kameraden Besatzung dabei.

Bereits die erste Übung, die am Nachmittag quasi in einem Wohngebiet stattfand, glich einer Materialschlacht: Am Linger Weg ist auch die Firma Galvano Brückmann ansässig, die ihr Werksgelände für die Simulation eines ABC-Unfalls zur Verfügung stellte.
Angenommen war ein Leck in einem Behälter mit Salzsäure, die nun dampfend entwich und mehrere Mitarbeiter in Gefahr brachte. Dass fünf statt drei Verletzte zu beklagen waren, ist diesmal positiv, denn es fanden sich mehr Statisten als ursprünglich geplant. Die mussten zunächst unter schwerem Atemschutz aus dem mit harmlosen, aber wirkungsvollen Rauchbomben verqualmten Gebäude gerettet werden.

Während insbesondere die Schwelmer Rettungswagenbesatzung viel zu tun hatte, warfen sich Feuerwehrleute „in Schale“: Alle weiteren Schritte wurden im Vollschutzanzug vorgenommen, der beim Anziehen durchaus seine Tücken hat, vor allem für Einsatzkräfte mit großen Füßen.
Genau das sind Reibungspunkte, der durch Übungen vermieden werden sollen, damit im Ernstfall jeder Handgriff sitzt.
Szenario zwei: Brände an der Humboldtschule
Beim zweiten Akt des Übungsnachmittages stand die Kernaufgabe der Feuerwehr im Mittelpunkt: Brände löschen, aber eben auch Personenrettung. Hierzu stand dem Löschzug das Gebäude der Humboldtschule zur Verfügung, welches vom Vorbereitungstrupp umfassend und mit Sinn fürs Detail präperiert worden war.

Nicht nur aus dem Dachgeschoss qualmte es kräftig, sondern auch auf dem Dach selbst. Von dort musste mit dem Korb des Gelenkmastes eine Person gerettet werden. Eine weitere Person lag auf einem Mauervorsprung. Hierbei handelte es sich allerdings um eine Puppe, alles andere wäre lebensgefährlich gewesen.
Schreie und Stöhnen aus einer Bluetooth-Lautsprecherbox untermalten die Einsatzlage mit einer Akustik, die Gänsehaut erzeugt. Die Wehrleute, die im Obergeschoss nicht nur die Brandbekämpfung simulierten, sondern auch die teils renitenten Statisten herausführen sollten, hatten es nicht einfach.

Noch stärker als in der ersten Übung waren die Räume mit Kunstnebel völlig verqualmt, die Sicht kaum noch vorhanden. Als erste „Amtshandlung“ wurde ein sogenannter „mobiler Rauchverschluss“ gesetzt. Mit Wasser gelöscht werden konnte natürlich nicht, die Logistik beim Aufbau der Schlauchverbindungen war denoch sehr wichtig. Besonders unter schwerem Atemschutz eine massive körperliche Belastung.
Drittes Szenario: Verkehrsunfälle
Doch auch damit war der Übungsdienst noch nicht abgeschlossen. Die Feuerwehr rückte zu einem dritten, simulierten Einsatz aus. Genaugenommen sogar zu zwei Szenarien, denn es sollte die technische Hilfeleistung bei Verkehrsunfällen geprobt werden.
Das ist auch notwendig, wie die Halveraner Feuerwehr bei schlimmen Unfällen immer wieder selbst erfährt: Schwere Unglücke auf der Straße gehören zu den Lagen mit den höchsten Anforderungen an Fingerspitzengefühl und aktuellem Wissensstand.

Darüber hinaus sind derartige Einsätze leider nicht selten, und belasten die Einsatzkräfte auch emotional. Immer wieder müssen Menschen dringend aus Unfallwracks befreit werden, damit sie schnellstmöglich medizinisch betreut werden können.
Erst einige Tage zuvor wäre der Löschzug Stadtmitte zu einem schweren Unfall ausgerückt, wenn der Einsatzort nicht im Eifer des Gefechts im benachbarten Schalksmühe verortet worden wäre. Was regelmäßiges Weiterbilden in diesem Sektor auch nötig macht, ist die ständige Weiterentwicklung bei Autos und Lkw, aber auch die Tatsache, dass kein Unfall dem anderen gleicht.

Der LZ 1 hat drei Rettungssätze jeweils mit Schere und Spreizer auf den Fahrzeugen, und damit diese auch gleichzeitig zum Einsatz kommen können, wurden am Samstag gleich zwei Unfälle gleichzeitig präperiert: Am Grafweg wurden die Kräfte mit einem Auto konfrontiert, dass an einem Hang abzurutschen drohte.
Gleichzeitig hatten es die Kameradinnen und Kameraden in Schwenke mit zwei beteiligten Fahrzeugen zu tun, von denen einer gegen einen Baum geprallt war, und ein anderer auf der Seite lag. Mit einer Person darunter, bei der es sich abermals um die Simulationspuppe handelte. In der Realität wäre das ein dramatischer Unfall. Ein Alptraum, der aber in solcher Brisanz immer wieder vorkommt.
Fotostrecke zur Großübung der Feuerwehr:














































Mit dem Abarbeiten dieser Übung war der Tag natürlich noch nicht beendet: Eine weitere Nachbesprechung stand an, Fahrzeuge und Material mussten wieder in Einsatzbereitschaft gebracht werden, ausserdem warteten Pizzen auf hungrige Wehrleute. Die erlösende Nachricht kam dann auch noch: Der Kamerad, der nach Kreislaufproblemen mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gekommen war, konnte dieses noch am Abend wieder verlassen.