Am Donnerstagnachmittag klingelte das Telefon bei der 79-Jährigen. Eine weibliche Person gab sich als ihre Schwiegertochter aus und berichtete, dass ihr Mann einen schweren Unfall verursacht habe. Deshalb wolle die Polizei nun mit der Mutter sprechen. Eine falsche Polizeibeamtin übernahm das Gespräch und erzählte eine Lügengeschichte über ein getötetes Kind. Als nächstes übernahm ein angeblicher Richter das Telefonat und forderte 55.000 Euro Kaution, damit ihr Sohn nicht ins Gefängnis gesteckt würde.
Mit dem Handy zur Bank geschickt
So viel Geld hatte die Lüdenscheiderin gar nicht; aber der Richter gab sich gnädig und mit einer etwas geringen Summe zufrieden. Mit dem Handy in der Hand wurde die Frau zur Bank geschickt, um das Geld abzuheben. Angeblich stehe sie unter „Polizeischutz“, erklärte ihr der Richter, der die gesamte Zeit alles am Telefon mithören konnte, was die Seniorin tat und sagte. Sie hatte Sprechverbot, irgendjemanden etwas zu erzählen.
Massiver Druck
Zwischendurch war der Akku leer, weshalb sich die falsche Polizeibeamtin erneut auf dem Festnetz meldete und den massiven Druck auf die 79-Jährige aufrechterhielt. Eigentlich sollte sie zum Amtsgericht kommen, doch die Betrüger lotsen sie zuletzt auf den Parkplatz am Rathausplatz. Dort werde eine Mitarbeiterin des Amtsgerichtes das Geld in Empfang nehmen. So geschah es. Die angebliche Justizbedienstete kehrte allerdings nicht zurück, um der Seniorin die versprochene Quittung auszuhändigen. Während der gesamten Zeit hielten die Täter die Frau am Telefon. Erst als der Akku erneut leer war, endete das Gespräch. Die Seniorin ging in eine Pizzeria, um dort aufzuladen.
Schließlich der Anruf beim Sohn
Mit dem neuen Strom im Gerät rief sie bei ihrem Sohn an – und der Betrug flog auf. Um 20.40 Uhr erschien die betrogene Seniorin auf der Polizeiwache, um Anzeige zu erstatten. Die Seniorin vermutet, dass die Täter die Informationen über sie und ihre Familie aus einer Todesanzeige in der Tageszeitung entnommen haben könnten.
Opfer werden in Angst und Panik versetzt
Die Polizei warnt immer wieder vor solchen „Schockanrufen“. Sie entfalten oft ihre Wirkung, obwohl die Betroffenen schon von dieser Masche gelesen oder gehört haben. Die Täter schaffen es, ihre Opfer so in Angst und Panik zu versetzen und Druck aufzubauen, dass die Betroffenen am Ende alles glauben. Vermutlich sitzen die angeblichen Töchter oder Söhne, Polizeibeamten, Staatsanwälte und Richter nebeneinander in einer Art Callcenter. Flexibel schlüpfen sie in die verschiedenen Rollen. Auf diese Art können sie zeitnah mehrere Opfer bearbeiten. Vor Ort agieren lediglich Abholer. Solche Kautionen, wie sie die Betrüger immer wieder fordern, gibt es in Deutschland überhaupt nicht. Justiz-Bedienstete nehmen kein Bargeld auf irgendwelchen Parkplätzen oder Straßenrändern entgegen. Wenn solche Anrufe kommen und Geldforderungen gestellt werden, ist mit 100-prozentiger Sicherheit von einem Betrug auszugehen. Wer sicher gehen will, dass wirklich nichts dran ist an einem solchen Anruf, der kann sich seinerseits aktiv an die echte Polizei wenden. Dazu sollten Betroffene auflegen, durchatmen, langsam bis 5 zählen, damit der bisherige Anruf definitiv beendet wurde, und dann den Polizei-Notruf 110 wählen.
Gibt es Zeugen für die Geldübergabe auf dem Parkplatz am Rathausplatz?
Die Polizei fragt nun, wer möglicherweise die Geldübergabe oder die Tatverdächtige am Donnerstag gegen 18.50 Uhr auf dem Parkplatz am Rathausplatz beobachtet hat. Die Abholerin wird auf ein Alter zwischen 25 und 30 Jahren geschätzt. Sie sprach akzentfrei Deutsch, trug einen engen Pullover und eine helle Hose. Sie hat ein gepflegtes Erscheinungsbild, braunes, lockiges und offen getragenes Haar. Auffällig war die große Oberweite der Tatverdächtigen. Die Polizei bittet um Hinweise unter Telefon 02351-9099-0.