Ein Besuch aus Brüssel und Straßburg ist in Schalksmühle nicht alltäglich. Daher gab es zwischen Bürgermeister Jörg Schönenberg, SPD-Europa-Abgeordneter Birgit Sippel, der SPD-Bundestagsabgeordneten Nezahat Baradari und dem Vorsitzenden des SPD-Ortsvereins Hajo Kapfer am Mittwochmittag, 6. März, viel Gesprächsstoff. Gemeinsam blickten sie auf die Herausforderungen und Krisen zurück, mit denen die kleine Gemeinde Schalksmühle in den vergangenen Jahren konfrontiert war und aktuell immer noch ist.
Integration: Ein Schlüsselaspekt für Schalksmühle
Die Flüchtlingskrise beschäftigt Schalksmühle seit 2015 – mit Höhen und Tiefen. Bürgermeister Schönenberg betont dabei ein Hauptproblem, das die Aufnahme von Geflüchteten besonders schwierig macht: „Es gibt keine Planungssicherheit“. Mehrere Faktoren prasseln gleichzeitig auf die Behörden ein – Wohnraum, Kita-Plätze, Einschulungen und Deutsch-Sprachkurse. Im Jahr 2022 folgte dann die nächste Krise mit dem Beginn des Ukraine-Kriegs. „Schalksmühle hatte großes Glück. Gott sei Dank hatten wir die Holzhäuser am Jahnsportplatz nicht abgebaut“, sagt Schönenberg mit dem Hintergrund, die Holzhäuser vor dem Ukraine-Krieg noch vermarkten zu wollen.
Doch bei der Thematik ginge es nicht nur um Geld – Finanzmittel erhielten die Kommunen ausreichend. Die Herausforderung für Schalksmühle liege in der Integration, im Einbringen von Geflüchteten in den Alltag. In all diesen Punkten stimmt Birgit Sippel dem Bürgermeister zu. „Kommunen stehen vor mehreren Herausforderungen, die alle gleichzeitig angepackt werden müssen“, weiß sie und erwähnt dabei auch die Klimakrise sowie die Digitalisierung. Es könne nicht sein, dass Geflüchtete über Jahre geduldet werden, nur um nach zehn Jahren aus Deutschland geschickt zu werden. „Entscheidungen müssen schneller gefällt werden: in Arbeit, Integration und Sprache“.
„Prozesse sind wichtig, nehmen aber kein Ende“
Südwestfalen ist ein wirtschaftsstarker Standort – und soll es bleiben, hofft Schönenberg. Denn es gäbe einige Mängel, die Unternehmen dazu zwingen, wegzugehen. „Wir haben ein Desaster, was die Infrastruktur angeht“, betont der Bürgermeister und verweist unter anderem auf die Bahn, die seit Sommer 2021 nicht mehr im Betrieb ist – auch kaputte Brücken und Straßen. Das „Gesamtpaket“ müsse stimmen. „Wir müssen der Wirtschaft vernünftige Rahmenbedingungen schaffen“, stimmt Sippel zu.
Dazu gehöre unter anderem, Prozesse anzukurbeln und sie nicht über Jahre zu vernachlässigen – wie etwa der Regionalplan und der Volmetal-Radweg, über die seit Jahren diskutiert wird. „Das ist ernüchternd. Prozesse sind wichtig, nehmen aber kein Ende. Wir gehen Dinge an und kommen nicht weiter. Ein Problem, das Deutschland hat“, weiß Schönenberg. „Was wir manchmal unterschätzen, ist nicht nur die Bürokratie, sondern auch, wenn alle drei Jahre ein neues Gesetz herauskommt“, fügt Sippel hinzu.
Vernünftige Auseinandersetzungen statt endloser Uneinigkeit
Sippel freut es, dass Kundgebungen für Demokratie, Vielfalt und Toleranz nicht nur in Großstädten stattfinden. Auch Schalksmühle setzte am 23. Februar ein Zeichen. „Die Populisten profitieren von Streit und Uneinigkeit. Wir haben der AfD damit eine große Tür geöffnet – und das ärgert mich“, betont Schönenberg. Dem pflichtet auch Sippel bei: „Es ist die Aufgabe der Politik, bei strittigen Themen einander zuzuhören“.
Nach anderthalb Stunden war noch Zeit für einen kurzen Spaziergang durch den Ortskern von Schalksmühle, bei dem die kleine Delegation dem Inhaber des „Hotel Zur Post“, Jochen Bernsdorf, einen Besuch abstattete. Am Abend bestand noch die Gelegenheit für Gespräche mit interessierten Bürgern im Café Breddermann.