Der Dachdecker fällt zu Boden. Der Angreifer faselt etwas davon, dass der 48-Jährige eine Frau bestohlen haben soll. Dafür werde er ihm das Genick brechen, droht der Fremde. Der Dachdecker schafft es, sich loszureißen, aufzustehen und in den Bus zu flüchten. Er schreit den Busfahrer an, die Türen zu schließen.
Der Vorgang dauert zu lange und der 63-Jährige folgt seinem Opfer in den Bus. Dort finden sich die beiden Männer erneut auf dem Fußboden wieder. Der Busfahrer mischt sich nicht ein, ruft aber die Polizei. Die Beamten nehmen den Angreifer mit in die Ausnüchterungszelle. Im Amtsgericht Lüdenscheid gibt es ein Wiedersehen der beiden Herren: Der 63-Jährige ist wegen Körperverletzung und Bedrohung angeklagt, der Geschädigte sagt als Zeuge aus. „Ich hab den geschubst. Ich weiß aber nicht, wie das gekommen ist“, gibt der Angeklagte an. Beleidigt habe er aber Niemanden. Und auch im Bus sei nichts passiert. Das hat der Busfahrer im Zeugenstand anders in Erinnerung. Er sagt aus, die beiden Männer hätten an der Haltestelle lautstark gestritten: „Sie hatten sich beide im Schwitzkasten, sind im Gerangel am Bus vorbei und auf einmal lagen sie am Boden.“
Der Dachdecker sei dann zuerst in den Bus gekommen, der andere sei gefolgt. „Im Gang ging es dann weiter. Ich hab sie machen lassen und die Polizei gerufen. Wer von beiden angefangen hat, kann ich nicht sagen“, so der Mendener. Der Geschädigte macht folgende Zeugenaussage: „Ich war auf dem Heimweg. Ich habe auf den Bus gewartet, da ging er auf mich los. Er hat gesagt ‚ich weiß, was du getan hast‘. Er griff mir immer wieder an den Kopf und sagte ‚ich brech dir das Genick‘.“ Sie seien dann gestürzt. Er habe sich befreien und in den Bus eilen können, so der 48-Jährige. Der Mann sei ihm hinterher. Drinnen habe der Angeklagte gemeint, entweder er und ich käme lebend aus dem Bus. Schließlich habe er den Angreifer auf den Boden gedrückt und auf die Polizei gewartet.
Bei beiden Männern stellen die Beamten eine Alkoholisierung fest. 2,4 Promille beim Angeklagten, 0,6 beim Geschädigten. Der hatte sich bei der Rangelei draußen Rippen gebrochen und sich einen Riss in der Lunge zugezogen. Inzwischen sei aber alles verheilt, so der Zeuge. Beim Blick ins Vorstrafenregister muss selbst der erfahrene Richter zugeben, so etwas noch nicht gehabt zu haben. Denn: 41 Eintragungen von Diebstahl und Bedrohung, bis Körperverletzung, Beleidigung und Trunkenheitsfahrt bringt der Angeklagte mit. 22 Jahre seines Lebens habe er bislang nach eigenen Angaben im Gefängnis verbracht. Für den Angriff an der Bushaltestelle gibt es drei Monate Haft auf Bewährung. Als Auflage darf sich der Lüdenscheider für die Dauer von drei Jahren nichts mehr zu Schulden kommen lass und muss mit einem Bewährungshelfer zusammenarbeiten. Hatte er die ganze Zeit die Körperverletzung und die Bedrohung abgestritten, akzeptiert er plötzlich das Urteil und lässt es direkt rechtskräftig werden.