Aus dem alten Hallenbad quoll Rauch, auf dem Grünstreifen davor wurden Verletzte behandelt und ein junger Mann wurde schreiend von den Sanitätern zum Behandlungsplatz getragen. Überall standen Rettungswagen und Löschfahrzeuge. Glücklicherweise war alles „nur“ eine Übung.
Dass die so realistisch wirkte, lag nicht zuletzt an den fünf Jugendlichen vom DRK Lüdenscheid, die die Brandverletzten spielten und entsprechend geschminkt waren. Johannes Müller, Klaudia Barazik, Dionisia Gravou, Timor Alptekin und Konstantin Papaefstathiadou nahmen ihre Darsteller-Funktion so ernst, dass man ihnen die Schwerverletzten sofort abnahm.

Verpuffung und Verkehrsunfall
Die angenommene Verpuffung war nur ein Szenario für die Großübung an der Carl-Diem-Straße im Werdohler Ortsteil Königsburg. Etwa 130 Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst waren im Einsatz. Angenommen worden war auch noch ein Verkehrsunfall mit fünf Verletzten. Gemeinsam organisiert worden war die Übung vom Rettungsdienst des Märkischen Kreises und dessen Ärztlichen Leitern Heinz Ostermann und Jochen Reiffert, Kreisbrandmeister Michael Kling sowie der Freiwilligen Feuerwehr Werdohl.
So viel Blaulicht gibt es im Märkischen Kreis zum Glück nur selten. Und auch, wenn die vielen Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst am Samstag in der Carl- Diem-Straße in Werdohl nichts Gutes ahnen ließen: Zum Glück handelte es sich nicht um ein reales Schadensereignis, sondern um eine wichtige Übung für die Auszubildenden des Rettungsdienstes des Märkischen Kreises sowie die ausbildenden Dienststellen Lüdenscheid, Hemer und Plettenberg sowie die Freiwillige Feuerwehr Werdohl. Die zwei „Massenanfälle von Verletzten“ (Abkürzung: MANV) hatten der Rettungsdienst des Märkischen Kreises gemeinschaftlich mit der Freiwilligen Feuerwehr Werdohl, Kreisbrandmeister Michael Kling, Heinz Ostermann (Ärztlicher Leiter Rettungsdienst) und dessen Stellvertreter Jochen Reiffert (Fachberater KatSchutz) monatelang akribisch vorbereitet. Insgesamt wirkten etwa 130 Einsatzkräfte sowie etliche Darsteller mit.

Bereitstellungsraum bei VDM
Die Einsatzkräfte versammelten sich auf dem Gelände von VDM Metal an der Lenne, unweit der Einsatzstelle. Mit Blaulicht, aber ohne Martinshorn, eilten sie von dort zur Carl-Diem-Straße am Stadion Riesei. Einige hatten noch den „echten“ Einsatz vom Vorabend auf der B236 in schlimmer Erinnerung. Bei einem schweren Verkehrsunfall war ein Fahrzeug in die Lenne gestürzt, eine 28- Jährige starb anschließend im Klinikum Lüdenscheid.
Das Übungsszenario Werdohl war bedrohlich: Zum einem wurde ein schwerer Verkehrsunfall simuliert, bei dem aufgrund von überhöhter Geschwindigkeit ein Fahrzeug einen Kleinbus mit Kindern touchiert hatte und dann in den Graben geschleudert war. Dabei wurden fünf Menschen zum Teil schwer verletzt. Zeitgleich kam es zu einer Verpuffung bei Abbrucharbeiten mit einem Folgebrand und starker Rauchentwicklung im ehemaligen Hallenbad. Beides kritische und unübersichtliche Situationen, die den Auszubildenden vom Rettungsdienst, den Notärzten, der Kreisleitstelle, der Feuerwehr Werdohl und einem ebenfalls anwesenden PSU-Team (Psychosoziale Unterstützung) alles abverlangten.
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„An dieser Stelle muss man die außergewöhnlich gute Zusammenarbeit mit der örtlichen Feuerwehr hervorheben“, sagt Kreisbrandmeister Michael Kling. „Bei Ereignissen solchen Ausmaßes ist es wichtig, dass die Beteiligten von Rettungsdienst und Feuerwehr die Arbeitsweisen des jeweils anderen kennen. Denn nur so ist gewährleistet, dass die Arbeiten Hand in Hand verlaufen und eine schnellstmögliche, aber auch medizinisch schonende Rettung durchgeführt wird.“
Gute Zusammenarbeit mit örtlichen Feuerwehren
Das Ziel dieser Übungen ist eindeutig: „Wir bieten den Auszubildenden des Rettungsdienstes MK ein realitätsnahes Einsatzszenario, das hoffentlich nie eintrifft, aber jederzeit eintreffen kann. Gleichzeitig wird das Abarbeiten eines Großschadensereignisses trainiert und die Zusammenarbeit mit den örtlichen Feuerwehren geschult. Selbstverständlich kommen dabei die neuesten und modernsten Gerätschaften zum Einsatz.
Wir legen großen Wert darauf, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit modernsten Gerätschaften auszustatten und sie regelmäßig zu schulen, damit die Bürgerinnen und Bürger im Ernstfall die bestmögliche medizinische Versorgung erhalten“, sagt Adrian Viteritti, Fachdienstleiter des Rettungsdienstes Märkischer Kreis. Zu dem professionellen Equipment zählen unter anderem das Corpus CPR (Thorax-Kompressionsgerät), das Corpuls 3 (kabelloses Gerät zur Überwachung der Vitalfunktionen) sowie die elektrohydraulische Fahrtrage.

Positive Bilanz mit Optimierungsbedarf
Eine positive Bilanz zieht Selattin Alptekin, Ausbildungskoordinator beim Rettungsdienst MK: „Großübungen dieser Art geben uns wertvolle Hinweise darauf, wie die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Einsatzkräften klappt und an welchen Schrauben noch gedreht werden muss. Unsere Azubis stehen dann unter Strom. Sie haben ihre Aufgaben großartig gemeistert und lernen, wie sie im Ernstfall richtig für die Menschen im Märkischen Kreis handeln müssen.“ Ähnlich, mit einer kleinen Einschränkung, fällt das Übungs-Fazit von Kreissprecher Alexander Bange aus: „Die direkte Versorgung der Patienten hat gut funktioniert, die Kommunikation und die Absprachen untereinander haben funktioniert. Optimierungsbedarf gibt es aber noch bei der Übergabe von der Feuerwehr zum Rettungsdienst und umgekehrt.“
Dass die Übung so real wirkte, lag auch an den dichten Qualmwolken, die während der gesamten Aktion aus dem Eingang des stillgelegten Hallenbades quollen. „Eine Nebelmaschine“, so Alexander Bange. Für Verwunderung sorgte auch die Tatsache, dass die Rettungskräfte Medikamente aus ihren Koffern holten und Spritzen aufzogen. Alexander Bange beruhigt: „Übungsmedikamente ohne Wirkstoff, tatsächlich gespritzt wurde natürlich nicht.“

14 Azubis vom Rettungsdienst MK dabei
Vom Rettungsdienst des Märkischen Kreises nahmen 14 Auszubildende zum Notfallsanitäter und zur Notfallsanitäterin, acht weitere Auszubildende aus Lüdenscheid, Hemer und Plettenberg, vier Notärzte, acht Praxisanleiter der Rettungswachen des Märkischen Kreises zur Beobachtung, mehr als zehn Patientendarsteller aus den eigenen Reihen, vom DRK sowie Mitarbeiter der Kreisleitstelle an der Großübung teil. Darüber hinaus waren etwa 100 Einsatzkräfte aller Einheiten der Freiwilligen Feuerwehr Werdohl im Einsatz. Im Anschluss an die knapp dreistündige Großübung folgte eine detaillierte Nachbesprechung. Der Malteser Hilfsdienst aus Werdohl kümmerte sich dabei um die optimale Verpflegung.
Bevor der Rentner mit seinem Vierbeiner seinen Weg fortsetzte, bemerkte er noch: „Es ist gut, dass wir diese Leute haben – hoffentlich brauchen wir sie selbst nie.“
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