„Das überwältigende Abstimmungsergebnis sendet das klare Signal aus den Betrieben, unseren Forderungen weiter Nachdruck zu verleihen. Zeitgleich macht es deutlich, wie wütend die Beschäftigten über das Verhalten der Arbeitgeber sind“, erklärte Peter Büddicker, Branchenexperte Busse und Bahnen bei Ver.di in NRW am Mittwoch, 10. April. „Wir planen zeitnah mit den Erzwingungsstreiks zu starten, sind aber weiterhin gesprächsbereit.“
Die Streikmaßnahmen würden zwar den Nahverkehrsunternehmen gelten, es sei aber trotzdem mit erneuten Auswirkungen auf Fahrgäste zu rechnen, die in ihrer Qualität variieren können. Der ÖPNV benötige dringend attraktivere Arbeitsbedingungen, um mit mehr Personal über die aktuell bereits kritische Situation hinaus auch die Verkehrswende stemmen zu können.
Was die Gewerkschaft fordert
Ver.di fordert für die rund 30.000 Beschäftigten im kommunalen Nahverkehr in NRW
- Entlastungstage für alle Beschäftigten im ÖPNV
- einen identischen Ort für Arbeitsbeginn und -ende
- eine Zulage ab dem 1. Tag bei vorübergehender Übertragung höherwertiger Tätigkeiten
- eine Schicht- und Wechselschichtzulage für den Fahrdienst
- 100 Prozent Jahressonderzahlung
- eine Vergütung von Überstunden ab der 1. Minute und in der individuellen Stufe ohne Abzug
- eine Zulage für Vorhandwerker/Gruppenführer/Teamleiter nach individueller Stufe
Nach Aussage von Ver.di waren die Tarifverhandlungen mit dem Kommunalen Arbeitgeberverband KAV NW in der Nacht zum 12. März in dritter Runde gescheitert. „Trotz des Kompromissvorschlags der Gewerkschaft, Entlastungstage nicht nur pauschal zu vergeben, beendeten die Arbeitgeber die Verhandlungen, ohne den bereits vereinbarten zweiten Verhandlungstag zu nutzen“, heißt es von Gewerkschaftsseite.
Das sagt der Arbeitgeberverband
Der KAV NW hatte nach der dritten Tarifrunde am 12. März die Forderungen von Ver.di als „unrealistisch“ zurückgewiesen: „Die geforderten zusätzlichen freien Tage würden einen Mehrbedarf an rund 1700 Beschäftigten im Fahrdienst erfordern und im Übrigen zusammen mit den anderen Forderungen bei den kommunalen Nahverkehrsunternehmen in NRW zu Mehrkosten von rund 165 Millionen Euro führen“, teilte Verbandsgeschäftsführer Thorsten Herbert mit.
Die Arbeitgeber hätten in der dritten Verhandlungsrunde am 11. März 2024 in Dortmund ein weitreichendes Angebotspapier zur Lösung des Tarifkonflikts vorgelegt, das unter anderem zwei zusätzliche freie Tage sowie weitere finanzielle Besserstellungen der Beschäftigten, zum Beispiel bei der Höhe von Zuschlägen beinhaltet. „Mit dem Angebot gehen die Arbeitgeber an die Grenzen des wirtschaftlich und personalpolitisch noch Vertretbaren“, so Verhandlungsführer Peter Densborn. Schon jetzt gebe es aufgrund der engen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, aber auch aufgrund der Personalknappheit, zwangsläufig Überlegungen in vielen Kommunen, Nahverkehrsleistungen zu reduzieren und sich von dem Gedanken einer ökologisch nachhaltigen Verkehrswende durch Stärkung des ÖPNV zu verabschieden.
Ver.di fordert 36 freie Tage
In der dritten Tarifrunde sei gewerkschaftsseitig im Rahmen des Verhandlungsverlaufs der Forderungsumfang nach zusätzlichen freien Tagen präzisiert worden. „In Ergänzung zu dem bereits tarifvertraglich geregelten Erholungsurlaub von 30 Tagen wurden weitere sechs zusätzliche freie Tage unter dem Aspekt der Regeneration gefordert“, so der Arbeitgeberverband. „Für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst des kommunalen Nahverkehrs sollen aus Gewerkschaftssicht insofern in der Summe 36 freie Tage gewährt werden.“
KAV: „Völlig überrascht vom Scheitern der Verhandlungen“
Im Verhandlungstermin am 11. März sei gewerkschaftsseitig hinsichtlich der Konzeption der Entlastungstage im Weiteren ein sehr umfangreicher und komplexer Textvorschlag ohne praktische Umsetzbarkeit eingebracht worden, wie die zusätzlichen freien Tage an bestimmten belastungsbezogenen Maßgaben ermittelt werden könnten. Laut KAV NW hätten die Arbeitgeber zugesagt, den Vorschlag bis zur nächsten Verhandlungsrunde näher zu analysieren und zu bewerten. Hierzu sei bereits ein konkreter neuer Verhandlungstermin ins Auge gefasst worden: „Völlig überraschend für die Arbeitgeber hat die Gewerkschaft dann allerdings am 12. März das Scheitern der Verhandlungen erklärt.“