In der per Videoschaltung duchgeführten Pressekonferenz erläuterte Enervie-Vorstandssprecher Erik Höhne, dass vor allem Einmaleffekte für das sehr gute Ergebnis 2023 gesorgt hätten. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wurden weiterhin vom Russland-Ukraine-Krieg beeinflusst. Auch die gesamtwirtschaftliche Lage mit einem unbeständigen Preisniveau sowie einem deutlich gesunkenem Energieverbrauch in Deutschland stellten hohe Anforderungen an die gesamte Energiebranche. „Unter diesen schwierigen Voraussetzungen haben wir erneut ein äußerst positives Unternehmensergebnis oberhalb der letzten Jahre erreicht. Allerdings ist dieses im Wesentlichen durch Einmaleffekte insbesondere im Bereich der Kraftwerksvermarktung beeinflusst“, zieht Höhne insgesamt für das zurückliegende Geschäftsjahr Bilanz.
Einen Schwerpunkt setzt Enervie auf die Kundenbindung. Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushaltsgesetz habe sich die Wettbewerbssituation auf dem Gasmarkt zum Nachteil von Energieversorgern verändert, erläuterte Enervie-Vorstand Volker Neumann. Unternehmen, die sich in der Krise vom Markt entfernt hatten, drängten nun wieder hinein. Für Energieversorger, die auf langfristige und damit Risiko vermeidende Beschaffung setzen, würde durch die Großhandelspreisentwicklung die Marktsituation erschwert.
Die Entwicklung bei den Energie- und Wasserabsätzen
Der Stromabsatz im Enervie Konzern hat sich 2023 im Wesentlichen aufgrund eines deutlich gefallenen Handelsvolumens verringert. Der Gasabsatz fiel trotz erhöhter Abgaben im Industrie-, Privat- und Geschäftskundensegment ebenfalls aufgrund geringerer Absätze im Gashandel. Die Wärmeabgabe an Endverbraucher stieg bei einer stabilen Kundenstruktur leicht gegenüber 2022 an. Die Absatzmenge bei der Trinkwasserversorgung erhöhte sich deutlich aufgrund einer gestiegenen Kundenanzahl durch das seit 01.01.2023 umgesetzte Pachtmodell mit den Stadtwerken Plettenberg und Werdohl.
Geschäftsergebnis insbesondere durch Einmaleffekte beeinflusst
Im Erzeugungsbereich hat vor allem ein hoher Deckungsbeitrag der Gas- und Dampfturbinenanlage Herdecke (GuD) einen positiven Einfluss auf das Geschäftsjahr 2023. Dagegen wirkte sich das schwierige, unbeständige Marktumfeld negativ insbesondere auf die Ergebnisbeiträge im Vertrieb, bei der Nah- und Fernwärme und der Biomasse-Verstromungsanlage Hagen-Kabel (BVA) aus.
Preisentwicklung
Bis Ende 2023 konsolidierten sich die Handelspreise für Strom als auch Gas für den langfristigen Einkauf an den Energiemärkten: Sie lagen dann zwar deutlich unter dem historisch hohen Preisniveau von 2022, aber immer noch über den Preisen aus dem Jahr 2021. Aufgrund der langfristigen Beschaffungsstrategie konnten die beiden Vertriebsmarken der Enervie Gruppe, Mark-E und Stadtwerke Lüdenscheid, die Preisausschläge während der Energiepreiskrise für Kunden insgesamt glätten.
Ausbau der Erneuerbaren Energien in der Region im Fokus
Die Enervie Gruppe legt weiterhin einen besonderen Fokus auf die Umsetzung der Energiewende in Südwestfalen durch einen verstärkten Ausbau der Erneuerbarer Energien. Im Rahmen einer interkommunalen Zusammenarbeit mit verschiedenen Kommunen in der Region wurde im September 2023 ein erstes gemeinsames Projekt mit den Städten Halver und Radevormwald zur Errichtung einer Windkraftanlage in Halver gestartet. Im Bereich der Windenergie wird für 2024 die Genehmigungserteilung für mehrere Standorte erwartet. Im Bereich der Photovoltaik erweiterten Mark-E und die Stadtwerke Lüdenscheid im vergangenen Jahr das Angebot zu den Stecker-Solaranlagen um neue, leistungsstärkere Modelle. Mark-E kooperiert zudem mit den Stadtwerken Altena beim Thema „Balkonkraftwerke“.
Im Bereich der Elektromobilität treibt Enervie den Ausbau der regionalen Ladeinfrastruktur weiter voran: Im März 2024 wurde durch Enervie der 500. E-Ladepunkt im Versorgungsgebiet in Betrieb genommen.
Das „Kommunale Energie- und Ressourcenmanagement-Netzwerk für Südwestfalen“ (KERN), ein Zusammenschluss von acht Kommunen der Region unter fachlicher Begleitung der Enervie Gruppe, wurde im August 2023 erfolgreich beendet. „Die angestrebten Einsparziele konnten dabei bei weitem übertroffen werden. Derzeit wird eine Fortsetzung der Zusammenarbeit in einem Folgenetzwerk KERN 2.0 angestrebt. Hierfür wurden bereits neue Fördermittel bewilligt“, so Neumann.
Enervie Vernetzt verstärkt Investitionen
Die Netzgesellschaft Enervie Vernetzt investierte 2023 rund 32 Mio. Euro in den Ausbau der Strom-, Gas- und Wassernetze. Im laufenden Geschäftsjahr werden diese Ausgaben nochmals deutlich auf fast 50 Mio. Euro gesteigert. Die Marktraumumstellung von rund 37.000 Gasgräten von L- auf H-Gas im Versorgungsgebiet verlief planmäßig und wurde 2023 abgeschlossen. Die 2023 durchgeführte Untersuchung der bestehenden Gasverteilnetze im Hinblick auf H2-Readiness ergab, dass diese bereits jetzt zu 88 Prozent bereit für den Wasserstoff-Transport sind.
Die Enervie Gruppe entwickelte die Geschäftsmodelle und den notwendigen Kompetenzaufbau zur Digitalisierung von Geschäftsprozessen weiter. Hierzu arbeitet ein unternehmenseigenes Team an der Entwicklung von smarten Internet of Things (IoT)-Lösungen und einem eigenen IoT-Lab. Darüber hinaus konnten im Jahr 2023 die ersten 10-kV-Stationen mit intelligenter Technik ausgestattet werden. Enervie plant für die kommenden Jahre einen flächendeckenden Einsatz von smarten Stationen.
Die Erwartungshaltung und Herausforderungen für 2024
Durch die Verwerfungen am Energiemarkt, die weiterhin insbesondere durch den Russland-Ukraine-Krieg geprägt sind, erwartet die Enervie Gruppe auch im laufenden Jahr ein unbeständiges Energiepreisniveau. Gleichzeitig bleiben die Herausforderungen für die Versorgungssicherheit in Deutschland und Europa trotz eines relativ milden Winters und noch gut gefüllter Gasspeicher weiterhin bestehen. Die Enervie Gruppe setzt auch im Jahr 2024 die Konzernstrategie mit einer Ausrichtung auf die bestehenden und zukünftigen Energiemärkte sowie einem flexiblen Umgang mit unbeständigen staatlichen Rahmenbedingungen um. Dies beinhaltet die Förderung Erneuerbarer Energien, die Gewährleistung der Versorgungssicherheit, die Entwicklung neuer Produkte und die schrittweise Dekarbonisierung der Energieversorgung. Darüber hinaus stehen kontinuierliche Effizienzsteigerungen durch Digitalisierung und Automatisierung von Geschäftsprozessen auf der Agenda.
Das Geschäftsjahr 2023 in Zahlen
- Im abgelaufenen Geschäftsjahr erzielten die Unternehmen der Enervie Gruppe bei einem gefallenen Umsatz von rund 1.654 Mio. Euro (2022: 1.856 Mio. Euro) ein deutlich erhöhtes Ergebnis vor Steuern von 67,9 Mio. Euro (2022: 53,3 Mio. Euro).
- Insgesamt verbesserte sich auch der Jahresüberschuss, sodass Vorstand und Aufsichtsrat vorschlagen, aufgrund des guten Jahresergebnisses eine erhöhte Dividende in Höhe von 22 Mio. Euro an die Aktionäre auszuschütten.
- Die wirtschaftliche Eigenkapitalquote stieg im Wesentlichen aufgrund einer Erhöhung des Eigenkapitals auf 28,3 Prozent (2022: 26,0 Prozent).
- Insgesamt erwirtschaftete die Enervie Gruppe im Geschäftsjahr 2023 in Südwestfalen eine regionale Wertschöpfung in Höhe von rund 200 Mio. Euro (2022: 175 Mio. Euro). Diese beinhaltet vor allem Investitionen, Beschäftigung, Gewinnausschüttungen, Konzessionsabgaben und Steuern.
- Die Enervie Gruppe mit den Tochtergesellschaften Mark-E und Stadtwerke Lüdenscheid lieferte im Jahr 2023 für die Versorgung der fast 400.000 Energiekunden sowie Energiehandelspartner rund 5,0 Milliarden Kilowattstunden (kWh) Strom (2022: 6,5 Mrd. kWh), rund 4,7 Milliarden kWh Gas (2022: 6,8 Mrd. kWh), 64 Millionen kWh Wärme (2022: 62 Mio. kWh) und 16,7 Millionen Kubikmeter Trinkwasser (2022: 15,2 Mio. Kubikmeter).